Die Kraft von Metaphern und Bildern: Chat-GPT als kreativer Partner in Beratung und Psychotherapie

Metaphern und Bilder sind schon immer ein Teil menschlicher Kommunikation. Sie ermöglichen uns ein Zugang zu komplexen inneren Prozessen und Erfahrungen und werden seit jeher in Beratung und Psychotherapie genutzt. Sie gelten als kraftvolle und wirksame Methode, um ein tiefes Verständnis für individuelle Herausforderungen zu entwickeln, um Ressourcen zu aktivieren und um Inspiration und Motivation für positive Veränderungen in Richtung Heilung oder Gesunderhaltung zu geben.

Ob und in wiefern moderne Technologien, insbesondere künstliche Intelligenz, diese bewährten Praktiken ergänzen können, steht immer wieder zur Diskussion. Der Einsatz von ChatGPT oder anderen KI-Modellen birgt Herausforderungen. Dennoch halten sie Einzug in unsere Lebenswelten, und indem wir uns ihnen auch in Beratung und Psychotherapie nicht verschließen, sondern sie als ergänzende Tools betrachten, eröffnen sich neue, bisher ungedachte Möglichkeiten.

Warum die Arbeit mit Metaphern und Bildern so effektiv ist, wie künstliche Intelligenz Therapie- und Beratungsprozesse unterstützen kann und welche Ideen von AllyWell derzeit verfolgt und erprobt werden, erfährst du in diesem Artikel.


Lesezeit: 15 Min


Was sind Metaphern und Bilder?

„Ich hatte ein Brett vor dem Kopf”, „Es war ein Feuerwerk der Gefühle” oder „Nach Regen folgt auch wieder Sonnenschein”- wir alle verwenden Metaphern und Bilder in unserem Alltag.

Metaphern stellen Verbindungen von zwei ungleichen Dingen her. Sie sind nicht wörtlich zu nehmen. Wenn jemand von "Einem Brett vor dem Kopf” spricht, hat diese Person nicht ein echtes Brett im Gesicht. Durch anschauliche Bilder können abstrakte Zustände oder Gefühle ausgedrückt und leichter verständlich gemacht werden. In diesem Fall, dass jemand etwas aufgrund einer Blockade (Achtung! Auch schon wieder eine Metapher) nicht versteht, was er normalerweise ohne Probleme verstehen würde.

Bilder entstehen durch detaillierte Beschreibungen von Farben, Formen, Geräuschen oder anderen sinnlichen Erfahrungen. Sie erzeugen lebhafte und sehr sinnliche Vorstellungen in uns. Oft können wir sie regelrecht sehen, hören, fühlen, riechen oder schmecken.

 

Metaphern und Bilder sind wesentliche Elemente unserer Kommunikation und beeinflussen, wie wir mit anderen interagieren und wie wir die Welt verstehen. Sie drücken sich in Sprache, aber auch im Denken und Handeln aus.

Metaphern und Bilder in Beratung und Psychotherapie

Metaphern und Bilder wurden schon immer in Psychotherapie und Beratung genutzt um Heilungs- und Entwicklungsprozesse zu unterstützen. Die Wurzeln für diese Methode können nicht einer psychologischen Richtung zugeordnet werden, sondern lassen sich in den Ansätzen verschiedener Schulen finden.

Einige wichtige psychologische Richtungen, in denen Metaphern und Bilder von Bedeutung sind:

  1. Psychoanalyse: Um komplexe psychologische Theorien zu veranschaulichen und die Bedeutung von Träumen zu interpretieren, bediente sich Sigmund Freud der Metaphern. Carl Jung, ein Schüler Freuds, erweiterte dieses Konzept. Für ihn stand vor allem die Bedeutung von Symbolen und Archetypen, die tief im kollektiven Unbewussten verankert sind, im Fokus.

  2. Humanistische Psychologie: Carl Rogers nutzte Metaphern, um das menschliche Erleben und die Selbstaktualisierung (das ist der Prozess, durch den eine Person ihr volles Potenzial ausschöpft und verwirklicht) zu beschreiben.

  3. Gestalttherapie: Fritz Perls verwendete u.a. Metaphern, um Klient:innen zu helfen, Einsicht in ihre Gefühle und Verhaltensweisen zu gewinnen.

  4. Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Metaphern und Bilder werden genutzt, um dysfunktionale Denkmuster (meist negative, unangemessene und oft falsche Gedanken) aufzudecken und zu verändern und Ressourcen zu aktivieren.

  5. Narrative Therapie: Michael White und David Epston nutzten Metaphern als Werkzeuge, um Klient:innen zu helfen, ihre Identität und Erfahrungen umzudeuten.

  6. Lösungsorientierte Kurztherapie: Steve de Shazer und Insoo Kim Berg erkannten Metaphern als Mittel, um Veränderungen zu erleichtern und Lösungen zu finden.

  7. Achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie (ACT): Metaphern und Bilder werden genutzt, um eine beobachtende Haltung einzunehmen. So können Gedanken, Gefühle und inneren Erlebnisse veranschaulicht und betrachtet werden. Oft gelingt es dadurch besser, eine Akzeptanz zu entwickeln, automatische Reaktionen und Bewertungen zu erkennen und nicht in ihnen verhaftet zu bleiben.

Metaphern und Bilder werden in Psychotherapie und Beratung vielseitig, kreativ und wirksam angewendet. Studien legen nahe, dass die Arbeit mit Metaphern zu besseren Behandlungsergebnissen betragen können. Dies legen unter anderem Lakoff oder Törnecke dar. Witzum, Hart und Fridman beschreiben, dass sich das Einsetzen von geleiteten metaphorischen Bildern, Geschichtenerzählen und metaphorischen Aufgaben wirksam in der Behandlung von traumatischen und hochgradig angstauslösenden Problemen erweisen. Auch in der Hirnforschung findet die Wirksamkeit von Metaphern und Bildern starke Unterstützung.

Wann und warum wirken Metaphern und Bilder?

Ob und in wieweit Metaphern und Bilder wirksam sind, hängt weniger von der Häufigkeit der genutzten Metaphern ab, also von der Quantität, sondern vielmehr von der Art und Weise, wie diese genutzt werden, also von der Qualität.

Ein wichtiger Faktor für die Wirksamkeit ist, dass Therapeut:in/Berater:in und Patient:in/Klient:in gemeinsam und in Zusammenarbeit Metaphern und Bilder erschaffen. Dies fördert die aktive Beteiligung und das Engagement, die eigene Mitgestaltung wird gefördert.

Zudem können Metaphern und Bilder der Patient:innen/ Klientent:innen Hinweise auf bestehende Kernprobleme geben und spiegeln oft innere Prozesse wieder. Deshalb sollte intensiv auf sie eingegangen werden. Sie ermöglichen, schwer greifbare Gefühle und Gedanken auszudrücken und verständlicher für die Patient:innen/Klient:innen selbst, aber auch für andere zu machen.

Gleichzeitig bleiben durch den ausgewählten Einsatz von Metaphern und Bildern wichtige Inhalte und Gesagtes besser im Gedächtnis haften und werden leichter wiedererinnert und umgesetzt. Konflikte und Herausforderungen können von verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Dadurch können neue und kreative Lösungswege ausprobiert werden.

Gerade beim Besprechen von sehr belastenden Themen können Metaphern und Bilder helfen, da nicht direkt das Thema, sondern die bildlich metaphorische Darstellung eine Distanz zu diesem ermöglicht. Bilder und Metaphern können inspirieren und motivieren, sie können Kraft geben, Ressourcen aktivieren und Lösungswege aufzeigen.

 

Unser Gehirn verarbeitet Metaphern und Bilder teilweise wie echte Erfahrungen. Oft können wir uns an sie besser erinnern, als an trockene Fakten.

Die Wirkung von Metaphern und Bildern aus Sicht der Hirnforschung

Erkenntnisse aus der Hirnforschung legen nahe, dass die Arbeit mit Metaphern und Bildern in Psychotherapie und Beratung sehr wirksam ist, da unser Gehirn diese anders verarbeitet als wörtliche Sprache.

Verschiedene Hirnregionen, die u.a. für Sprachverarbeitung, Kreativität, emotionale Bewertung und visuelle Vorstellung zuständig sind, werden angeregt. Metaphern und Bilder können tiefe emotionale Reaktionen hervorrufen und unbewusste Gedanken anregen. Es wird vermutet, dass Bereiche im Gehirn aktiviert werden, die mit unseren sensorischen Erfahrungen verbunden sind. Dies kann Lern- und Verarbeitungsprozesse verändern und verbessern. Zudem wird davon ausgegangen, dass positive Metaphern und Bilder die Stressreaktion im Gehirn reduzieren und zur Stärkung der psychischen Resilienz beitragen können.

 

Eine im Journal of Cognitive Neuroscience veröffentlichte Studie von 2010 der Emory University, zeigt, dass Metaphern über ihre stilistische Funktion hinaus wesentlich unser Denken und Argumentieren prägen. Indem sie abstrakte Konzepte veranschaulichen, fördern sie das Verständnis und die Gedächtnisleistung.

Unterstützung im Veränderungsprozess: Wie ChatGPT die Arbeit mit Metaphern und Bildern bereichert

Therapeut:innen und Berater:innen nutzen vielfältig und kreativ die Kraft von Metaphern und Bildern: So werden beispielsweise Geschichten und Anekdoten, die reich an Metaphern und bildhafter Sprache sind, eingesetzt.

Auch in Kunstwerken können sich innere Prozesse auszudrücken. Durch kreatives Schreiben können Selbstreflexionsprozesse angestoßen werden. In Meditationen, Traumreisen und Imaginationen werden Ressourcen aktiviert, Entspannung gefördert und Richtungen aufgezeigt.

Dinge und Gegenstände, wie Steine, Federn oder Spielfiguren können symbolhaft für Gefühle, Personen oder Probleme stehen. Mind Maps oder das FamilyCanvas können helfen, Zusammenhänge zu visualisieren, wenn es beispielsweise um das Sichtbarmachen von Mental Load oder mehreren Aspekten eines Problems geht.

Verschiedene Spiele, Karten, Bilder und Filme stellen Gefühls- und Stimmungslagen auf unterschiedlichste Weisen dar. Auch die Verwendung von Apps oder anderen Online-Angeboten findet eine immer größer werdende Bedeutung. ChatGPT ist auf dem Vormarsch und hält Einzug in sämtliche Bereiche unserer Lebens- und Arbeitswelt. Warum dann nicht auch in unsere Seelenwelt?!

ChatGPT als kreativer Partner im Coaching bei AllyWell - Visionen einer modernen Praxis

Der Einsatz von KI-Tools stellt uns vor große Herausforderungen und wirft nicht nur ethische Fragen, beispielsweise hinsichtlich Verantwortlichkeiten bei Fehlern oder einer möglichen dehumanisierenden Behandlung auf. Auch Aspekte wie Datenschutz, Vertraulichkeit und der Umgang mit sensiblen Informationen verlangen Berücksichtigung und angemessene Lösungen.

Nichtsdestotrotz kann ChatGPT gerade in Therapie- und Beratungsformaten, die online oder per Chat angeboten werden, eine echte Bereicherung sein. Die echte menschliche Beziehung steht an vorderster Stelle, die wegen mangelnder emotionaler Intelligenz und einem Fehlen von Einfühlungsvermögen nicht durch KI-Tools ersetzt werden kann. Dennoch sollten Wege gesucht werden, um die bestehende Beratungspraxis zu modernisieren, effektiver zu gestalten und individuelle Hilfe für jeden zugänglich zu machen. Die Fusion von fundierter Beratung mit KI-Tools, wie ChatGPT kann dort gelingen, wo KI als unterstützend und ergänzend, aber niemals als ersetzend gesehen wird.

Aktuell wird in unseren Beratungsprozessen erprobt wie ChatGPT in der Arbeit mit Metaphern und Bildern als hilfreicher und kreativer Partner fungieren kann. Mit den verschiedenen Möglichkeiten, die ChatGPT anbietet, eröffnen sich neue Wege in der bestehenden Coachinglandschaft (auch eine schöne Metapher). Was ChatGPT in der Arbeit mit Metaphern und Bildern anbieten kann:

  1. Individuelle Metaphern: ChatGPT kann Metaphern und Geschichten generieren, die sich auf die individuellen Themen und Probleme der Patient:innen und Klienten:innen beziehen.

  2. Individuelle Bilder: ChatGPT kann Bilder nach den Beschreibungen von Patient:innen und Klient:innen generieren.

  3. Individuelle Symbole: ChatGPT kann Bilder, Fotos oder Kunstwerke zeigen, die für bestimmte Themen, Gefühle oder Gedanken stehen.

  4. Individuelle Imaginationen und Traumreisen: ChatGPT kann Skripte für Meditationen, Imaginationen oder Traumreisen schreiben, die auf die individuellen Bedürfnisse, Werte und Ziele der Patient:innen und Klienten:innen zugeschnitten sind.

 

Sicherlich ist in der konkreten Nutzung von ChatGPT noch so einiges Zukunftsmusik (wieder eine herrliche Metapher), dennoch können wir schon jetzt von faszinierenden Überlegungen und berührenden Erfahrungen aus den AllyWell Coachings berichten.

Beispiele aus der Praxis

  1. Für einen Vater, dessen Kinder ausgezogen sind und er sich nun sowohl beruflich, als auch partnerschaftlich und privat neu orientieren muss, kann per ChatGPT eine individuelle Metapher generiert werden. Er kann sich als Segler auf offener See wiederfinden, nachdem ihn zuvor seine Kinder wie Anker in vertrauten Gewässern hielten. Nun steuert er in Richtung unbekannter Horizonte. Die Reise ist ungewiss, doch sie birgt neben dem Abschied auch neue Abenteuer.

  2. Für eine Frau, die ihre Gedanken immer wieder als Hindernis für persönliches Wachstum sieht, könnte ChatGPT das Bild eines Flusses generieren, der durch Felsen blockiert ist.

  3. Um einer Jugendlichen individuelle Symbole für komplexe Gefühle vorzuschlagen, kann ChatGPT zum Beispiel einen leeren Raum für Einsamkeit oder einen dicht bewachsenen Wald für innere Verwirrung vorschlagen und visualisieren.

  4. Für einen Jungen kann per ChatGPT eine maßgeschneiderte Traumreisen entwickeln werden, die ihn an einen Ort führt, der speziell auf seine Bedürfnisse und Wünsche zugeschnitten ist. Es kann eine Reise in ein Land sein, dass voll von Trampolinen und Hüpfwolken ist, in dem man sich leicht und unbeschwert fühlt.

  5. Ein Mädchen bekommt mithilfe von ChatGPT ein Bild ihrer ganz persönlichen Superheldin, die eine Mischung aus einem bunten Fisch und einem Mädchen ist. Sie hat lange bunte Haare, macht mit ihren Freunden, die auch Fabelwesen sind, Musik und gibt dadurch allen Mut.

Fazit

Ob es darum geht, einen inneren Helden zu kreieren, der einem Mut gibt, gegen Ängste anzukämpfen, oder einen weisen Begleiter, der durch schwierige Zeiten führt, ChatGPT kann eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration sein. Die Nutzung dieser kreativen Prozesse kann in verschiedenen Situationen, gerade in psychischen Notlagen, visuelle Erinnerungen an die eigenen Resilienzen und Ressourcen auslösen. Sie bieten die Möglichkeit, individuelle Erfahrungen und inneres Erleben widerzuspiegeln. Maßgeschneiderte Bilder und Symbole können helfen, Gefühle und Herausforderungen auf eine Weise zu verstehen und auszudrücken, die sprachlich allein möglicherweise nicht zugänglich wäre.


Als psychologische Mentorinnen stehen wir dir über unsere App AllyTime auch persönlich zur Seite.


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