Wie stärke ich meinen Selbstwert?

fachlich geprüft von Imke Wormeck-van de Biezen

Kennst du das? Dein Kind bekommt im Supermarkt einen Wutanfall, und statt ruhig und liebevoll darauf einzugehen – so wie es dein Bauchgefühl dir eigentlich rät – überkommt dich Scham. Hektisch versuchst du, dein Kind zur Ruhe zu bringen, während dir die Blicke der anderen unangenehm sind.

Solche Momente, in denen die Unsicherheit über dich triumphiert, kennen viele Eltern – sie können ein Ausdruck eines schwachen Selbstwertgefühls sein.

Die gute Nachricht: Selbstwert ist nicht unveränderlich, sondern lässt sich Schritt für Schritt stärken!

Dieser Artikel soll dir erklären, was Selbstwert eigentlich bedeutet, warum er für dein Wohlbefinden so wichtig ist und welche Strategien dir helfen, innerlich stabiler und selbstsicherer zu werden.


Lesezeit 15 min


Was ist Selbstwert – eine Definition

Selbstwert ist das, was wir über uns selbst denken und wie wir uns als Person bewerten. Es beschreibt, wie zufrieden bzw. unzufrieden wir mit uns sind, ob wir uns so akzeptieren, wie wir sind, und wie wichtig wir uns selbst fühlen. 

Kurz gesagt: Selbstwert ist das Fundament, auf dem unser Selbstbild ruht. Der Psychologe Morris Rosenberg beschreibt Selbstwert als die „positive oder negative Einstellung einer Person zu sich selbst“ [1].

Anders als Selbstvertrauen, das auf einzelne Fähigkeiten (wie z.B. gut in seiner Arbeit zu sein) bezogen ist, umfasst Selbstwert unser gesamtes Bild von uns selbst.

Wozu ist Selbstwert wichtig?

Studien zeigen, dass ein gesunder Selbstwert enorm wichtig ist [2]. Denn:

  • er stärkt unser Wohlbefinden,

  • er macht uns widerstandsfähiger gegenüber Stress,

  • und er hilft uns, uns weniger von der Meinung anderer beeinflussen zu lassen [2]. 

Ein schwacher Selbstwert hingegen kann das Risiko für psychische Probleme wie Ängste oder Depressionen erhöhen [2].

Selbstwert ist also nicht nur eine Frage des Gefühls, sondern eine Grundlage für ein selbstbestimmtes und stabiles Leben. Wer einen höheren Selbstwert hat, ist meist auch glücklicher [3].

 

Habe ich einen niedrigen Selbstwert? Mach den Test!

Wie steht es um dein Selbstwertgefühl? Schon in den 1960er-Jahren entwickelte der Psychologe Morris Rosenberg einen Selbstwert-Test, der bis heute viel zitiert und verwendet wird.

Mit nur zehn Aussagen kannst du eine Einschätzung bekommen, wie positiv oder negativ dein Selbstwertgefühl ausgeprägt ist. Bist du bereit, mehr über dich selbst zu erfahren? Den Test (in deutscher Ausführung) findest du hier.

 

Wie fühlt sich ein starker Selbstwert an?

Ein gesunder Selbstwert zeigt sich darin, dass du gelassen bleibst, selbst wenn etwas nicht perfekt läuft. Ein Beispiel: Stell dir vor, es ist die Geburtstagsparty deines Kindes, und der Kuchen, den du mühsam nach einem Rezept aus dem Internet gebacken hast, fällt beim Anschneiden auseinander. 

Statt nun zu verzweifeln und zu denken: „Was denken die anderen Eltern jetzt bloß von mir? Habe ich den Geburtstag meines Kindes ruiniert? Wird mein Kind jetzt Freunde verlieren, weil ich als Mutter/Vater so ein Komplettausfall bin“, lachst du darüber und denkst dir: „Meinem Kind ist das völlig egal, Hauptsache Zucker, oder?“ und erlaubst allen Kindern beispielsweise „wie die Räuber“ mit den Händen zu essen. 

Ein starker Selbstwert hilft dir, solche Situationen entspannt zu sehen, dich nicht zu sehr (ein bisschen gestresst davon zu sein ist normal) von der Meinung anderer stressen zu lassen und den Moment zu genießen und spielerisch zu bleiben. Mit einem starken Selbstwert weißt du, wer du bist und was du kannst und kannst über den Dingen stehen, selbst wenn mal blöde Kommentare von außen kommen.

Wie entsteht Selbstwert?

Unser Selbstwertgefühl entwickelt sich durch die Beziehungen, die wir im Laufe unseres Lebens führen und vor allem in der Kindheit. Positive und gesunde Beziehungen, die geprägt waren von Wertschätzung, Interessen, Respekt und Empathie – sowohl in der Kindheit als auch im Erwachsenenalter – spielen also eine entscheidende Rolle dabei, wie wir uns selbst wahrnehmen und schätzen [5]. 

Es ist also wichtig, Menschen um sich zu haben, die einem gut tun. Wenn wir von anderen geschätzt und unterstützt werden, hilft uns das, uns selbst positiver zu sehen und uns emotional stärker zu fühlen.

Deine Kindheit – Grundstein deines Selbstwertes

Schon als Kind wurde der Grundstein für dein heutiges Selbstwertgefühl gelegt – und darauf hattest du damals keinen Einfluss [6]. Es waren die Menschen um dich herum, die entscheidend dazu beigetragen haben, wie du dich selbst wahrgenommen hast [4]. Wurdest du von deinen Eltern oder anderen Bezugspersonen geschätzt und unterstützt, konntest du lernen: „Ich bin wichtig, ich bin gut so, wie ich bin.“

Aber vielleicht war das bei dir anders. Wenn du oft kritisiert, abgewertet oder überfordert wurdest, konnte schnell das Gefühl entstehen: „Ich bin nicht genug, ich mache alles falsch.“ Solche Erfahrungen prägen dein Selbstwertgefühl nachhaltig – ganz unabhängig davon, was du als Kind hättest tun können.

Wichtig zu wissen: Auch wenn du damals keinen Einfluss darauf hattest, wie du behandelt wurdest, kannst du heute daran arbeiten dies in der Rückschau anders zu bewerten - und dadurch deinen Selbstwert verändern. Dein Selbstwert ist nicht in Stein gemeißelt, und es ist nie zu spät, dir selbst den Wert zu geben, den du verdienst.

Was ist der Innere Kritiker?

Der "innere Kritiker" ist jene innere Stimme, die uns mit Selbstzweifeln und negativen Gedanken konfrontiert [7]. Oft entsteht er durch kritische Äußerungen von Eltern oder Bezugspersonen in der Kindheit [7]. 

Wenn ein Kind beispielsweise häufig hört: "Du kannst gar nichts richtig machen“, „Schau deine Geschwister/die Kinder der anderen an! Du bist so eine Enttäuschung für uns!“, „Was soll bloß aus dir werden?“, kann es diese Botschaft verinnerlichen und später selbst glauben. 

Solche verinnerlichten Überzeugungen beeinflussen das Selbstbild und können dann zu starker Selbstkritik im Erwachsenenalter führen.

Wie kann ich meinen Selbstwert stärken?

Auch im fortgeschrittenen Erwachsenenalter kannst du dein Selbstwertgefühl positiv beeinflussen, und zwar unter anderem durch Selbstfürsorge. Mit kleinen, alltagstauglichen Schritten und den richtigen Ansätzen ist es möglich, ein stärkeres, positiveres Selbstbild zu entwickeln. Die folgenden 7 Tipps zeigen dir, wie du damit beginnen kannst.

Sei freundlich zu dir selbst

  • Warum: Selbstmitgefühl ist eine der effektivsten Methoden, um den inneren Kritiker zu beruhigen. Statt dich selbst zu verurteilen, behandle dich wie deinen besten Freund/beste Freundin. 

  • Beispiel: Du vergisst, einen wichtigen Termin wahrzunehmen. Statt zu denken: „Wie konnte mir das passieren? Ich kriege echt gar nichts hin.“  Sage dir stattdessen: „Okay, das war nicht ideal, aber das passiert jedem mal. Nächstes Mal mache ich es besser.“

  • Stell dir dabei vor: Wie würde ich mit meiner Freundin/Freund sprechen, wenn ihr/ihm so etwas passiert? So kannst du deinen Kritiker austricksen. Denn: Niemals würdest du andere so gemein und streng verurteilen, wie du es mit dir selbst machst. 

Setze auf positive Affirmationen

  • Warum: Positive Selbstgespräche helfen, deine Wahrnehmung von dir selbst zu verändern [8]. Indem du regelmäßig stärkende Sätze wiederholst, stärkst du dein Selbstwertgefühl. 

  • Beispiel: Beginne den Tag mit einem Satz wie: „Ich bin gut genug, so wie ich bin.“ oder „Ich darf Fehler machen, sie machen mich menschlich.“ 

 

Was sind Affirmationen?

Affirmationen sind positiv formulierte Sätze, die dazu dienen, unser Denken und Verhalten in eine gewünschte Richtung zu lenken [9]. Durch regelmäßige Wiederholung solcher Aussagen können negative Denkmuster durch positive Überzeugungen ersetzt werden. Ein einfaches Beispiel für eine Affirmation ist: "Ich bin wertvoll und liebenswert." Der Begriff "Affirmation" leitet sich vom lateinischen "affirmatio" ab, was so viel wie "Bekräftigung" oder "Bestätigung" bedeutet.

 

Hol dir Hilfe

  • Eine Psychotherapie oder psychologische Unterstützung können aufzeigen, wo dein geringer Selbstwert herkommt und daran arbeiten, dass er aufgebaut wird. Unsere AllyWell-Coaches unterstützen dich bei der Stärkung deines Selbstwertes. Starte jetzt mit der AllyTime-App

  • Du hast keine Wartezeiten und keine festen Termine. Mit AllyTime bleibst du jederzeit flexibel. Per Text- oder Sprachnachricht kannst du dich an deinen persönlichen Coach wenden – genau dann, wenn du spürst: „Mein Selbstwert ist gerade richtig im Keller.“

Führe ein Dankbarkeitstagebuch/Gefühlstagebuch

  • Warum: Sich auf das Positive zu konzentrieren, lenkt den Fokus weg von Selbstzweifeln. Dankbarkeit steigert das Wohlbefinden und hebt den Blick auf deine Erfolge. Das Führen eines Gefühlstagebuches kann dabei helfen.

  • Beispiel: Schreibe jeden Abend drei Dinge auf, die dir am Tag gelungen sind, egal wie klein sie wirken: „Ich habe die Kinder pünktlich zur Schule gebracht.“ Oder „Ich habe mir heute eine Pause gegönnt.“

Umgib dich mit unterstützenden Menschen

  • Warum: Dein Umfeld hat einen großen Einfluss auf dein Selbstwertgefühl. Menschen, die dich wirklich kennen und dich wirklich wertschätzen, können dir Kraft geben. Hier kannst du lernen, dass du mit deinen Gefühlen gesehen und akzeptiert wirst. Du darfst lernen: „Ich bin gut so wie ich bin“ – etwas, das du in deiner Kindheit vielleicht nicht erleben durftest.  

  • Beispiel: Verbringe mehr Zeit mit Freunden, die dir guttun, statt mit Menschen, die dich klein reden oder kritisieren. Versuche nicht immer den anderen um jeden Preis zu gefallen gefallen oder alles recht zu machen. Triff dich mit Leuten, die dich mögen, wie du jetzt bist.

Akzeptiere deine Fehler

  • Warum: Perfektionismus greift den Selbstwert an. Fehler zu machen, gehört zum Leben dazu und macht dich nicht weniger wertvoll. 

  • Beispiel: Dein Kind bringt schlechte Noten nach Hause, und du fühlst dich verantwortlich. Statt dich zu verurteilen, sage dir: „Ich tue mein Bestes, und niemand ist perfekt.“ 

Stärke dein Selbstbild durch Bewegung und Sport

  • Warum: Sport verbessert nicht nur deine körperliche Gesundheit, sondern auch dein Selbstwertgefühl [10]. Um dein Selbstwertgefühl zu verbessern, ist es wichtig, dich überhaupt mal zu fühlen. Sport kann deine Achtsamkeit für deinen Körper verbessern. 

  • Beispiel: Gehe nach einem stressigen Tag eine Runde spazieren oder mache einfache Yoga-Übungen. Es geht nicht um Leistung, sondern um das gute Gefühl, etwas für dich zu tun. 

Mehr Selbstwert durch Digital-Detox: Leg mal das Handy weg!

Kennst du das? Seit die Kinder da sind, kneift die Hose, nie dagewesene Dellen wollen einfach nicht verschwinden und online siehst du nur perfekte Mütter – schlank, strahlend, makellos. Sich auf Yogamatten rekelnd und Green-Godess-Salate zubereitend? Du fragst dich: Wie schaffen die das bloß? 

Die Wahrheit: Social Media zeigt nur Inszenierungen, nicht die Realität. Schon eine Woche Pause von all dem kann dir helfen, dich wieder auf dich selbst zu konzentrieren – weg von Vergleichen, hin zu dir [11]. Leg dein Handy weg – deinem Selbstwertgefühl wird das sicher guttun. 

Selbstwert stärken durch mehr Dankbarkeit

Dankbarkeit ist viel mehr als nur ein höfliches "Danke". Sie lenkt deinen Fokus auf das Positive und stärkt dein Selbstwertgefühl. Statt ständig über Probleme nachzudenken, kannst du bewusst wahrnehmen, was in deinem Leben schon gut ist – von kleinen Momenten bis hin zu wertvollen Beziehungen.

Ein einfaches Beispiel: Du kommst nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause, und dein Partner hat schon das Abendessen für euch vorbereitet. Indem du dafür Dankbarkeit empfindest und das auch zeigst, stärkst du nicht nur eure Beziehung, sondern auch das Gefühl, dass du unterstützt wirst und wichtig bist.

Selbst in schwierigen Zeiten kann Dankbarkeit eine Art Lupe sein, mit der du kleine Lichtblicke erkennst – wie ein Kollege, der dir mit einer Aufgabe hilft, oder ein Lächeln von deinem Kind nach einem stressigen Tag.

Mit Dankbarkeit bringst du mehr Positives in dein Leben und stärkst sowohl deinen Selbstwert als auch deine Verbindungen zu anderen. 

Wofür du im Alltag dankbar sein kannst:

  • Deine Familie: Die Möglichkeit, für deine Kinder da zu sein und ihnen ein sicheres Zuhause sowie Schulbildung zu bieten.

  • Deine Gesundheit: Dass du körperlich und geistig in der Lage bist, dein Leben aktiv zu gestalten.

  • Deine Arbeit: Ein Job, der dir finanzielle Sicherheit gibt und dich unabhängig macht.

  • Deine Beziehung: Einen Partner oder Menschen zu haben, der dir Halt gibt und dich unterstützt.

  • Dein Zuhause: Ein Ort, an dem du dich wohl und sicher fühlen kannst.

  • Frieden und Sicherheit: In einem Land zu leben, in dem keine Kriege oder akuten Bedrohungen herrschen.

  • Freunde und soziale Kontakte: Menschen, die dir zuhören und dich begleiten.

  • Bildung und Chancen: Für dich und deine Kinder Zugang zu Bildung und Entwicklungsmöglichkeiten.

  • Kleine Freuden des Alltags: Zeit für dich selbst, ein schöner Sonnenaufgang, gutes Essen oder ein Lächeln von jemandem, den du liebst.

Sich auf diese Dinge zu besinnen, lenkt den Blick auf das, was wirklich zählt, und stärkt das Gefühl von Dankbarkeit im Alltag

Fazit

Dein Selbstwertgefühl lässt sich mit kleinen Schritten stärken: Sei freundlicher zu dir selbst, konzentriere dich auf das Positive und hole dir Unterstützung, wenn du sie brauchst. 

Mit AllyTime kannst du flexibel mit einer Psychologin arbeiten, wann immer dein Selbstwert einen Schub braucht. Du bist wertvoll – genau so, wie du bist. 


Unsere Psychologinnen stehen dir über unsere App AllyTime auch persönlich zur Seite.


Quellen:

[1] Rosenberg, M. (1965). Society and the adolescent selfimage.
Princeton, NJ: Princeton University Press.

[2] Sowislo J, Orth U: Does low self-esteem predict depression and anxiety? Psychological Bulletin 2013; 139(1): 213–40.

[3] Baumeister, R. F., Campbell, J. D., Krueger, J. I., & Vohs, K. D. (2003). Does High Self-Esteem Cause Better Performance, Interpersonal Success, Happiness, or Healthier Lifestyles? Psychological Science in the Public Interest, 4(1), 1-44.

[4] v. Collani & Herzberg. (2003). Eine revidierte Fassung der deutschsprachigen Skala zum Selbstwertgefühl von Rosenberg (Kurzbeitrag). Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie, 24, 3-7.

[5] https://www.sciencedaily.com/releases/2019/09/190926092416.htm?utm_source=chatgpt.com

[6] Rosenberg, M. (1965). Society and the adolescent self-image. Princeton University Press.

[7] https://www.psychologie-heute.de/leben/artikel-detailansicht/42353-innerer-kritiker-die-wg-in-meinem-kopf.html

[8] https://positivepsychology.com/self-esteem-research/

[9] https://www.herder.de/leben/bewusst-und-gesund-leben/affirmation/?utm_source=chatgpt.com

[10] Stinson, D. B., Logel, C., Zanna, M. P., Holmes, J. G., Cameron, J. J., Wood, J. V., & Spencer, S. J. (2008). Die Kosten für ein geringeres Selbstwertgefühl: Testen eines Selbst- und Sozial-Bond-Modells der Gesundheit. Zeitschrift für Persönlichkeit und Sozialpsychologie, 94, 412–428.

[11] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1740144524000378

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