Gefühlstagebuch für Eltern & Kinder: Was bringt es und wie startest Du?
„Hast du es schon mit Tagebuchschreiben versucht, das hat mir geholfen!“ Sicher ein gut gemeinter Rat. Schließlich halten schon seit vielen Jahrhunderten Menschen ihre Gefühlswelt unter anderem in Schrift- oder Bildform fest. Tagebücher wie das von Anne Frank oder Franz Kafka sind berühmte Beispiele. Sie waren ursprünglich nie dazu gedacht, veröffentlicht zu werden, sondern sind chronologische Aufzeichnungen von Menschen über sich und ihr Leben.
Fällt dir das Schreiben leicht: Kriegst du dadurch einen Zugang zu eigenen Gefühlen und Gedanken? Dann ist es eine effektive Methode zur Selbstreflexion, die übrigens auch von Psycholog:innen, Pädagog:innen und Psychotherapeut:innen gern genutzt wird.
Fällt dir das Schreiben schwer: Bist du ein „Schreibmuffel“ oder hast eine Rechtschreibschwäche? Dann entsteht oft eine Abneigung dagegen: „Es läuft doch eh schon alles schief. Warum den ganzen Mist denn auch noch aufschreiben?“
Dein Tagebuch: Wie startest du am besten?
Schreiben ist eine Form des Selbstausdrucks: persönlich, ehrlich, individuell. Niemand schreibt so wie du. Beim Schreiben muss weder „Form“ noch „Stil“ eingehalten werden. Es geht nicht darum, besonders kreativ zu sein oder Vorgaben zu erfüllen. Trotzdem fällt es uns oft schwer, einfach draufloszuschreiben. Kritische Gedanken wie: „Was würde jemand denken, der das liest?” oder „Darf ich das wirklich schreiben?“ schieben sich zwischen unsere Gedanken und den Stift, der sie aufschreiben soll. Gerade wenn es darum geht, unliebsame Gefühle wie Angst, Wut oder Trauer genauer zu betrachten, sind wir oft blockiert. Hier ein paar Ideen, wie man trotzdem schreiben kann. Denn falsches Schreiben gibt es nicht!
Wie viel solltest Du schreiben?
Du kannst deinen ganzen Tag oder bestimmte Situationen festhalten. Z.B. welche, in denen du Angst hattest. Manchmal reichen ein paar Stichworte. Wenn du regelmäßig schreibst, können dir Faktoren oder Ereignisse, die bestimmte Gefühle auslösen, bewusster werden. Du solltest aber auch Situationen aufschreiben, in denen du kein Problem erlebt hast. Das ist wichtig, damit du siehst, dass du mehr bist als dein Problem. Es laufen auch Dinge gut in deinem Leben.
Was ist der Nutzen von Tagebüchern?
Was soll der Nutzen deines Tagebuchs sein? Wenn du dir einfach alles von der Seele schreiben möchtest, dann los! Soll es darum gehen, deinen Blick auf das Positive und auf deine Stärken zu lenken? Dann kannst du z.B. jeden Tag drei Dinge aufschreiben, die gut waren und eins, das nicht so gut war. Möchtest du ein bestimmtes Problem unter die Lupe nehmen? Schreibe alle Situationen auf, in denen dir das Problem begegnet ist und eine, in der es nicht aufgetaucht ist.
Tipps fürs Tagebuchformat
Ganz klassisch: ein schönes leeres Buch und ein Stift. Oder modern: ein Dokument im Handy oder Computer. Auch Audios oder Videos sind möglich. Deiner Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt: Male, zeichne, kritzle, benutze Farben oder Sticker. Wenn du willst, verwende Symbole: „Stein und Feder“, „Zitrone und Erdbeere“ oder „Mülleimer und Schatzkiste“ können für belastende und leichte Momente genutzt werden. Diese kannst du je nach Geschmack malen, basteln, aussprechen, usw.
Regelmäßigkeit beim Tagebuch schreiben schaffen
Lass das Tagebuch zu einer Art „Ritual“ werden: nimm dir einmal pro Tag oder einmal in der Woche Zeit für deine Erlebnisse, Gedanken und Gefühle. Es ist egal, wie viel du schreibst. Wichtig ist es, dranzubleiben. Eine festgelegte Uhrzeit oder Dauer fürs Schreiben kann helfen.
Tagebuch schreiben mit Kindern
Gerade wenn jüngere Kinder belastet sind, brauchen sie die Aufmerksamkeit und Unterstützung ihrer Eltern. Lass dein Kind vom Tag erzählen, du schreibst auf oder hörst einfach zu. Das Erlebte kann auch in Bildern, Farben und „Kritzeleien“ ausgedrückt werden und danach z.B. in verschiedene Truhen oder Kisten sortiert werden: „eine Schatzkiste für gute, einen Mülleimer für blöde Dinge“.
Ein schönes Familienritual kann sein:
Alle Familienmitglieder erzählen nacheinander drei Dinge, die an diesem Tag schön waren und eins, das nicht so schön war. So kann dein Kind sehen, dass jeder Menschen gute und weniger gute Erfahrungen macht. Anschließend können sich die Familienmitglieder noch gegenseitig „Komplimente-Post“ schicken („Emil, ich fand schön, dass wir heute zusammen Gemüse geschnippelt haben“). Nicht nur dein Kind wird davon profitieren.
Beispiele und Vorlagen für Kindertagebücher
Wer eine Vorlage für tolle Gefühlstagebücher für jüngere Kinder möchte, hier haben wir eins online gefunden, dass wir total schön finden: „Ein gutes Gefühl“ ist ein Kindertagebuch, indem Kinder zusätzlich spielerisch ihre Gefühle kennenlernen.
„Ein gutes Gefühl“ wurde von dem Autor Jan Lenarz mit der renommierten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Lena Kuhlmann entwickelt. Uns hat es sehr gut gefallen.
„Das 6 Minuten Tagebuch für Kinder” wurde von dem Autor Dominik Spenst zusammen mit Expert:innen entwickelt. Sehr schön illustiert und wirklich gut und aufwendig durchdacht!
Fazit: Tagebücher helfen innere Kraft und Halt zu finden
Tagebuchschreiben ist eine Zeit für dich ganz alleine. Innezuhalten, ganz im Hier und Jetzt zu sein, die Konzentration für einen Moment auf die eigene Innenwelt zu lenken, kann dabei helfen, Gefühle und Gedanken loszulassen und so Ruhe und inneren Halt zu finden. Schreiben hat eine immense Kraft. Nimm dir diese Zeit für dich selbst!
Als psychologische Mentorinnen stehen wir dir über unsere App AllyTime auch persönlich zur Seite.