Everybody hurts! Liebeskummer – was kann ich machen? Und wie viel Herzschmerz ist „normal“?

fachlich geprüft von Riccardo Frink

Jeder von uns hat es wahrscheinlich schon einmal erlebt: Liebeskummer. Das englische Wort „Lovesickness“, also „Liebeskrankheit“, beschreibt den Zustand sehr treffend. Denn nicht selten fühlt man sich wirklich krank. Übelkeit, Schwindel, körperliche Schmerzen. Man kann nichts essen, die Gedanken kreisen nur um die eine Person. Quälende Fragen, die unbeantwortet bleiben, können großes Leid erzeugen. Die täglichen Aufgaben, der Beruf und die Care-Arbeit können häufig nicht mehr wie gewohnt ausgeführt werden.

Dabei ist es egal, ob es das Ende einer langjährigen Beziehung oder das unerfüllte Verlangen nach einer Person ist, dass diesen überwältigenden Schmerz verursacht.

Wer Liebeskummer hat, fühlt sich oft allein, wertlos und hoffnungslos. Aber: Du bist damit nicht allein, und es gibt viele Möglichkeiten, den Liebeskummer zu überwinden. Liebeskummer gehört zum Leben dazu und obwohl er sich anfühlt, als würde die Welt zusammenbrechen, ist er ein normaler Bestandteil des Menschseins.


In diesem Artikel erfährst du, wie du zwischen „normalem“ Herzschmerz und einer potenziellen Depression unterscheiden kannst. Außerdem werfen wir einen wissenschaftlichen Blick darauf, was genau in deinem Körper passiert, wenn du Liebeskummer hast, und welche Rolle Hormone dabei spielen. Denn zu verstehen, warum Liebeskummer so wehtut, kann der erste Schritt sein, um ihn endlich zu überwinden.


Lesezeit 20 min


Liebeskummer ist wie Drogenentzug

Liebeskummer kann verschiedene Ursachen haben. Einerseits kann er durch die Trennung von einem geliebten Menschen ausgelöst werden. Denn nur weil man sich trennt, verschwindet die Liebe und Sehnsucht nicht einfach mit. Andererseits können auch unerwiderte Gefühle zu starkem Liebeskummer führen, denn die Hoffnung, dass die Liebe doch erwidert werden könnte, ist oft groß und hartnäckig. 

Zu Beginn des Liebeskummers ähnelt der Hormonhaushalt dem eines Verliebten: Der Dopaminspiegel ist hoch, während der Serotoninspiegel niedrig ist.

Bei anhaltendem Liebeskummer kehrt sich dieser Zustand um. Das zuvor erhöhte Dopamin nimmt ab. Dadurch entstehen regelrechte Entzugserscheinungen – vergleichbar mit einem Drogenentzug. Gleichzeitig steigen zwei Hormone an: Adrenalin und Cortisol. Die beiden Stresshormone versetzen unseren Körper in einen Anspannungszustand und können Stressreaktionen wie Herzrasen, Zittern, Schwitzen und sogar körperlichen Schmerz auslösen.

 

Dopamin (häufig als „Glückshormon“ bezeichnet) ist ein Botenstoff, der uns motiviert, belohnt und unsere Bewegungen sowie emotionalen und geistigen Reaktionen steuert. Kurz: Dopamin ist dafür (mit)verantwortlich, dass wir uns gut fühlen.

Serotonin ist ein Botenstoff, der Stimmung, Appetit, den Schlafrhythmus und unser Sozialverhalten reguliert. 

Adrenalin ist ein Stresshormon, dass unseren Körper aktiviert. Es beeinflusst unter anderem unsere Herzfrequenz, Verdauung und Durchblutung.

Cortisol ist ein Stresshormon, dass unserem Körper Energie bereitstellt. Es erhöht den Blutzuckerspiegel und fährt das Immunsystem herunter. 

 

Je intensiver die Beziehung war, desto schwieriger ist es oft, die Trennung zu verarbeiten. Viele Menschen leiden nach einer Trennung unter körperlichen Beschwerden, Schlafstörungen oder sogar Panikattacken

Liebeskummer – die fünf Phasen

Die amerikanisch-schweizerische Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross entwickelte 1969 das Modell der „Fünf Phasen der Trauer“. Ursprünglich diente dieses Modell dazu, die psychologischen Mechanismen zu beschreiben, die Menschen manchmal durchlaufen, wenn sie mit ihrer eigenen Sterblichkeit konfrontiert sind oder den Tod eines nahestehenden Menschen verarbeiten müssen. Später wurde es jedoch auch auf den Trauerprozess nach dem Verlust eines geliebten Menschen angewendet – einschließlich Liebeskummer. Es handelt sich nicht um ein wissenschaftliches Modell, aber zeigt anschaulich, wie komplex und emotional aufwühlend eine Trennung sein kann und kann dabei helfen, den eigenen Liebeskummer zu verstehen. 

Phase 1: Verleugnung

In der ersten Phase steht der Schock im Vordergrund. Es fällt dir schwer, anzuerkennen, dass dein Partner oder deine Partnerin dich verlassen hat. Typische Gedanken in dieser Phase sind „Das kann nicht wahr sein“ oder „Er oder sie wird es sich noch mal überlegen.“

Phase 2: Wut

Sobald du verstanden hast, dass die Trennung real ist, wirst du wütend. Diese Phase ist geprägt von Schuldzuweisungen, sowohl an andere als auch an dich selbst. Gedanken wie „Ich habe mich falsch verhalten / bin nicht liebenswert“ oder „Er oder sie hat mich eh nicht verdient“ sind typisch. Wut kann ein wichtiger Antrieb sein, um aus der Passivität herauszukommen und aktiv mit deiner Trauer umzugehen.

Phase 3: Verhandeln

In dieser Phase versuchen Menschen mit Liebeskummer, einen letzten Ausweg zu finden, oft mit dem Gedanken: „Was würde ich nicht alles geben, um nur noch einmal ein klärendes Gespräch führen zu können.“ Oder: Noch einmal Sex, noch einmal Küssen, noch einmal in den Arm nehmen. Diese Gedanken kommen in dieser Phase häufig auf und können emotional sehr belastend sein.

Phase 4: Leid

Mit dem vollständigen Erkennen des Endes der Beziehung oder dem Verstehen, dass die gewünschte Beziehung nicht zustande kommen wird, gehen tiefe Traurigkeit und oft auch körperliche Beschwerden einher. Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, soziale Isolation und Depressionen sind in dieser Phase häufig. Auch finanzielle Sorgen, insbesondere wenn der Partner der Hauptverdiener war, können aufkommen. Sorgen um die die gemeinsamen Kinder, Sorgerechtsfragen und die mentale Gesundheit der Kinder können ebenfalls schwer wiegen.

Phase 5: Akzeptanz

Die letzte Phase des Liebeskummers ist die Akzeptanz. Hier tritt endlich der Wendepunkt ein. Oft wird dieser Abschluss durch Rituale wie das Wegräumen der persönlichen Gegenstände des Ex-Partners oder die bewusste Rückkehr in den Alltag markiert. Auch ein neuer Look, ein Umzug oder das Anmelden bei einer Dating-Plattform können diese Phase einläuten.

 

Hinweis: Deine Reaktion kann auch anders aussehen. Was eine Trennung in uns auslöst, ist ganz individuell. Möglicherweise durchläufst du nicht alle Phasen des Modells, durchläufst diese in einer anderen Reihenfolge oder erlebst manche Phasen mehrfach. 

Ist mein Liebeskummer noch normal oder bin ich krank?

Liebeskummer kann dich wirklich tieftraurig machen, und das ist völlig normal. Nach einer Trennung ist es nicht ungewöhnlich, sich niedergeschlagen, verloren oder sogar verzweifelt zu fühlen. Diese Emotionen können so intensiv sein, dass sie sich wie eine Depression anfühlen oder sogar tatsächlich dazu führen können. Studien zeigen, dass sogar ähnliche Gehirnareale aktiviert werden wie bei einer Depression. Und manchmal kann aus Liebeskummer eine Depression entstehen.

Es ist also verständlich, dass du dich fragst, ob das, was du gerade durchmachst, „normal“ ist oder ob du krank sein könntest. Aber wo endet normaler Liebeskummer und wo beginnt eine ernsthafte Depression?

Der Unterschied liegt in der Dauer und Intensität der Symptome. Während Liebeskummer in Wellen kommt und geht, können bei einer Depression die negativen Gefühle dauerhaft anhalten und deinen Alltag erheblich beeinträchtigen.

Achte besonders auf folgende Warnzeichen deiner Psyche:

  • Niedergeschlagenheit

  • Interessensverlust

  • Antriebsminderung

  • Vermindere Konzentration/Aufmerksamkeit

  • Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

  • Schuldgefühle/Gefühl der Wertlosigkeit

  • Psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung

  • Hoffnungslosigkeit

  • Schlafstörungen

  • Appetitstörungen

Wenn du viele von diesen Symptomen bei dir erkennst, diese über mehrere Wochen anhalten und du bemerkst, dass dich das in deinem Alltag beeinträchtigt, könnte das ein Hinweis auf eine Depression sein. Spätestens dann es an der Zeit sein, über professionelle Hilfe nachzudenken. Liebeskummer tut weh, ja, aber er sollte dein Leben nicht dauerhaft lahmlegen.

Wenn Liebeskummer nicht aufhört – Wann wird es Zeit, Hilfe zu suchen?

In den meisten Fällen sind die Symptome von Liebenskummer nur vorübergehend und der Schmerz sollte nach einiger Zeit nachlassen. 

Wenn du jedoch merkst, dass diese negativen Gefühle über Wochen oder Monate anhalten, solltest du wachsam sein, denn Liebeskummer kann zu Depressionen führen. Achte besonders auf depressive Symptome wie Traurigkeit, Interessensverlust und Antriebsminderung sowie auf psychosomatische Anzeichen wie anhaltende Schlafstörungen oder Appetitstörungen. Beeinträchtigt dich der Liebeskummer über einen längeren Zeitraum, ist es sinnvoll, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Unsere erfahrenen Psychologinnen von AllyTime stehen dir via Chat zur Verfügung, um dich individuell zu beraten und dir psychologische Unterstützung zu bieten.

Das kann ich tun, um Liebeskummer zu überwinden – Bewältigungsstrategien und Selbsthilfe

🉑 Akzeptiere deine Gefühle: Es ist völlig normal, traurig, wütend oder verzweifelt zu sein. Erlaube dir, diese Gefühle zu spüren, ohne sie zu unterdrücken. Das Anerkennen deiner Emotionen ist der erste Schritt zur Besserung.

💬 Sprich darüber: Teile deine Gedanken und Gefühle mit Freunden, Familie oder sogar einem Gefühlstagebuch. Das Ausdrücken deiner Emotionen kann den Schmerz lindern und dir helfen, ihn zu verarbeiten.

🏃‍♀️ Bleibe aktiv: Bewegung ist ein natürlicher Stimmungsaufheller. Gehe spazieren, mache Sport oder finde eine Aktivität, die dir Spaß macht. Körperliche Bewegung kann Stress abbauen und Endorphine freisetzen, die dich besser fühlen lassen.

🎨 Lenke dich ab: Finde Hobbys oder neue Projekte, die dich interessieren. Das hilft, deinen Geist zu beschäftigen und dich nicht ständig auf den Schmerz zu konzentrieren.

🚫 Vermeide Kontakt mit Ex-Partner:innen: Es kann verlockend sein, den Kontakt aufrechtzuerhalten, aber das kann den Bewältigungsprozess verzögern. Gib dir Raum, um loszulassen. Lösch die Nummern, blockiere die Mails und entfreunde dich auf Social Media. Wenn ihr gemeinsame Freunde habt, sprecht mit ihnen über Strategien, wie ihr euch nicht über den Weg lauft bei Geburtstagen etc.

💆 Pflege dich selbst: Achte auf ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung und gönne dir etwas Gutes – sei es ein entspannendes Bad, ein gutes Buch oder ein Treffen mit Freunden. Gönn dir einen neuen Haarschnitt, geh in den Spa, zur Massage, höre dir einen lustigen Podcast an, mach etwas, was du schon immer für dich tun wolltest. Selbstfürsorge ist in dieser Zeit besonders wichtig.

🏁 Setze dir neue Ziele: Das Setzen kleiner, erreichbarer Ziele kann dir helfen, dich auf die Zukunft zu konzentrieren und wieder Kontrolle über dein Leben zu gewinnen.

⏳ Abwarten und Teetrinken: Auch wenn sich der Liebeskummer so anfühlt, als würde deine ganze Welt zusammenbrechen – der Schmerz geht vorbei. Irgendwann wirst du dich wieder normal und fröhlich fühlen; fokussiere dich auf dieses Wissen.

Fazit

Liebeskummer ist schmerzhaft und ein normaler Teil des Lebens. Der Schmerz wird mit der Zeit leichter, besonders wenn du dich um dich selbst kümmerst und aktiv bleibst. Wenn der Kummer jedoch über Monate anhält und dein Leben beeinträchtigt, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Betracht zu ziehen. Du musst diesen Weg nicht allein gehen – es gibt Unterstützung, um den Schmerz zu überwinden.


Als psychologische Mentorinnen stehen wir dir über unsere App AllyTime auch persönlich zur Seite.



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