ADHS-Kind hört nicht zu: 10 praktische Tipps für Eltern

fachlich geprüft von Riccardo Frink

Ist euer Kind oft unaufmerksam, hat Gefühlsausbrüche, ist zappelig und hört nicht richtig zu? Der Alltag mit eurem an ADHS erkrankten Kind kann eine große Herausforderung sein. 
Ein kleiner Trost: So sieht der Alltag vieler Eltern mit einem ADHS-Kind aus.

Glücklicherweise gibt es funktionierende und wissenschaftlich fundierte Strategien, die eurem Kind dabei helfen können, euch konzentrierter zuzuhören.

Dieser Artikel soll Entlastung schaffen, konkrete und pragmatische Tipps liefern und neue Möglichkeiten aufzeigen, wie das Leben in eurer Familie wieder leichter und harmonischer gestaltet werden kann.


Lesezeit 15 Min


 

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Eure Kernkompetenzen: Verständnis, Geduld und Akzeptanz

Zu den Symptomen von ADHS gehören Impulsivität, Desorganisation, schlechte Zeitmanagementfähigkeiten, Konzentrationsschwierigkeiten und Unruhe¹. Das wisst ihr und habt schon gut funktionierende Strategien entwickelt, mit diesen Herausforderungen umzugehen.

Doch das Zuhören im Alltag ist nach wie vor schwierig? Wenn ihr Aufgaben und Ansagen immer und immer wiederholen müsst und euer Kind reagiert nicht, kann das sehr frustrierend sein und auch euch ungeduldig werden lassen.

Wenn dein Kind deine oder eure Anspannung spürt, kann das die ADHS-Symptome verschlimmern². Denn Ungeduld und negative Reaktionen erhöhen den Stress und die emotionale Belastung bei deinem Kind. Das macht es ihm noch schwerer, Anweisungen zu folgen und sich zu konzentrieren². Studien³ zeigen, dass eine positive und geduldige Erziehungsstrategie effektiv ist, um Verhaltensprobleme zu reduzieren und die Symptome von ADHS zu mildern².

Versucht also ruhig und gelassen zu bleiben. Macht euch klar: Mein Kind mit ADHS macht das nicht absichtlich. Es ist nicht ungehorsam. Die neurologischen Besonderheiten von ADHS führen dazu, dass mein Kind Schwierigkeiten hat, sich zu konzentrieren und Anweisungen zu befolgen. Dieses Mantra kann euch vielleicht helfen, geduldiger und einfühlsamer zu reagieren.

Ressourcen stärken

Ruhig und geduldig bleiben – das ist leichter gesagt als getan. Selbst sehr resiliente Eltern kommen hier oft an ihre Grenzen. Was könnt ihr also tun, damit ihr in eurer Kraft seid? Nehmt euch Auszeiten und stärkt eure Ressourcen. Hierbei können auch Entspannungsrituale für die Familie helfen. Verschafft euch Freiräume, sodass jeder Elternteil wirklich entspannen kann. Wechselt euch im Umgang mit eurem Kind ab.

10 praktische Alltags-Tipps für Kind mit ADHS

Es gibt noch weitere pragmatische Strategien, die euch helfen können, die Kommunikation mit eurem Kind zu verbessern. Hier sind einige Tipps, wie ihr eurem Kind dabei helfen könnt, sich besser auf euch zu konzentrieren:

1. Macht klare und einfache Anweisungen

Verwendet dabei kurze, präzise Sätze und stellt sicher, dass euer Kind Augenkontakt mit euch hat, bevor ihr mit ihm sprecht. Wenn euer Kind nicht verstanden hat, dann wiederholt die Aussage ruhig⁴.

Beispiel:

Anstatt: „Paul, warum ist dein Zimmer immer noch so unordentlich? Du musst endlich mal lernen, ordentlich zu sein. Das habe ich dir tausendmal gesagt. Räum alles auf, mach dein Bett, und ich will, dass der Boden blitzsauber ist. Du machst mich wirklich wütend! Ich komme so zu gar nichts“ 

Besser: „Paul, schau mich bitte an.“ (Warte, bis Paul Augenkontakt herstellt.)

„Räum bitte dein Zimmer auf.“ (Kurze, klare Anweisung.)

Wenn Paul nicht reagiert oder die Anweisung nicht verstanden hat, wiederhole ruhig: „Paul, räum bitte dein Zimmer auf.“

2. Lob und positive Verstärkung gezielt einsetzen

Belohnt von euch gewünschtes Verhalten sofort und konsequent. Kleine Belohnungen oder Lob können bei Kindern mit ADHS sehr motivierend sein.⁵ Positive Bestärkung ist entscheidend. Das Feiern kleiner Erfolge und das Lob für gewünschtes Verhalten stärken das Selbstbewusstsein des Kindes und motivieren es, sich weiter anzustrengen. Belohnungssysteme können dabei helfen, positive Verhaltensweisen zu fördern⁴. 

Beispiel:

Dein Kind hat den Teller in die Geschirrspülmaschine geräumt? Dann geh zu ihm hin, geh körperlich auf Augenhöhe (knie dich hin, berühre es, wenn es das mag) und zeigt mit deinem Gesicht deine Freude. Sag: „Hey, wow. Das ist so ein wichtiger Beitrag. Und du hast das ganz von allein gemacht. Das macht mich so froh. Es ist so schön, dich als Kind zu haben und zu sehen, wie du größer wirst und immer mehr selbst kannst“.

3. Strukturierte Tagesabläufe etablieren

Feste Familienroutinen und klare Zeitpläne helfen deinem Kind, sich sicherer zu fühlen und die täglichen Aufgaben besser zu bewältigen⁶. Ein fester und vorhersehbarer Tagesablauf gibt Kindern mit ADHS Sicherheit und Orientierung. Routinen fürs Aufstehen, die Mahlzeiten, die Hausaufgaben und die Bettgehzeit helfen, den Tag zu strukturieren und Stress zu reduzieren.

Wenn euer Kind sich sicher und gebunden fühlt, kann es dazu beitragen, dass die Auffassungsgabe davon positiv beeinflusst wird⁷. 

Beispiel:

Morgens kann das ein kuscheliges Ritual sein. Sing ein fröhliches Lied und stell deinem Kind einen leckeren warmen Tee ans Bett. Oder legt dich noch mal kurz zu ihm und ihr lest das immer selbe Buch für den Start in den Tag. Überlege dir, wie du die Übergänge zwischen den Tätigkeiten spielerisch gestalten kannst. Lass dein Kind nach dem Frühstück auf deinen Rücken steigen und renne ins Bad: „Nächster Halt: Zahnputzhausen!“. Spielt Geschirr-Feuerwehr: Das Geschirr brennt (im Spiel) und muss zum Löschen in den Geschirrspüler geräumt werden. Usw. Wenn es deine Energie zulässt, kann ein spielerischen Hindurchführen durch die Routinen den Alltag sehr erleichtern. 

4. Bewegung einplanen

Kinder mit ADHS profitieren von körperlicher Aktivität, um überschüssige Energie abzubauen und die Konzentration zu verbessern⁸. Tobt mit eurem Kind, kitzelt es durch, wenn es das mag, oder sorgt dafür, dass es sich anders auspowern kann. Das kann die Aufmerksamkeit im Anschluss oder währenddessen steigern.

5. Pausen machen

Wenn dein Kind (ob mit oder ohne ADHS) regelmäßige Ruhepausen einlegt, kann das seine Konzentration erheblich verbessern⁹. Studien¹⁰ zeigen, dass kurze Pausen während des Lernens oder bei anderen Aufgaben helfen, die Aufmerksamkeit bei Kindern zu erhöhen und die Produktivität zu steigern.

6. Verhaltenspläne und Visualisierungen nutzen

Verwendet visuelle Zeitpläne, Checklisten oder Belohnungssysteme, um eure Erwartungen und Ziele klarzumachen¹¹. So kann euer Kind das Gefühl von Selbstwirksamkeit verspüren. Und positive Erlebnisse und Erfahrungen können die Aufmerksamkeit eures Kindes verbessern⁴. 

Visuelle Hilfsmittel wie Timer, Checklisten oder Planer unterstützen Kinder dabei, den Überblick zu behalten und Aufgaben zu bewältigen¹². Diese Tools machen Abläufe und Tätigkeiten für euer Kind greifbarer und verständlicher.

Beispiel für ein Belohnungssystem:

Setzt klare und erreichbare Ziele wie "Zehn Minuten konzentriert Hausaufgaben machen" oder "Spielzeug nach dem Spielen aufräumen". Für jedes erreichte Ziel erhält das Kind einen Stern (es gibt bunte, magnetische Sterne für den Kühlschrank). Diese Sterne können gesammelt und dann nach Erreichung einer vorher festgelegten Anzahl, gegen Belohnungen eingetauscht werden. Belohnungen können kleine Dinge sein, die dein Kind motivieren, wie ein Spielzeug, ein Puzzle oder etwas, dass es sich gewünscht hat.

7. Selbstregulationstechniken lehren

Bringt eurem Kind Techniken zur Selbstregulation bei, wie tiefes Atmen oder kurze Meditationen, um leichter mit Stress und Impulsivität umzugehen¹³. Ein entspanntes Kind kann besser zuhören und das von euch gesagte einfacher verarbeiten und umsetzen. 

Beispiel:

Es gibt Enspannungs-Apps wie beispielsweise Aumio, die ruhige, Übungen für Kinder anbieten. Diese keinen Meditationspausen können deinem Kind helfen, wenn es sehr aufgeregt ist.

8. Schafft euch einen Hund an

Studien zeigen, dass Therapiehunde die Konzentration und sozialen Fähigkeiten von Kindern mit ADHS verbessern können¹⁴. Eine Untersuchung hat herausgefunden, dass Kinder, die mit Therapiehunden arbeiteten, weniger unaufmerksam waren und sich ihre gesellschaftlichen Kompetenzen sowie ihr Selbstwertgefühl verbesserten¹². Ein speziell ausgebildeter Therapiehund kann extrem teuer sein. Spendenportale, Stiftungen, die Rentenversicherung oder Pflegekassen und die Sozial- und Jugendhilfe könnten hier wichtige Ansprechpartner sein.

9. Holt euch Unterstützung für euer Kind

In einigen Fällen kann es hilfreich sein, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, wie z. B. Verhaltenstherapie oder spezielle Trainingsprogramme für Kinder mit ADHS¹⁵. Eine Verhaltenstherapie kann eurem Kind helfen, die Symptome von ADHS im Alltag abzumildern¹³.

10. Holt euch selbst Unterstützung

Auch ihr könnt Beistand gebrauchen. Denn Eltern, die therapeutische Hilfestellung in Anspruch nehmen, können ihre Kinder mit ADHS effektiver begleiten¹⁶. Und zwar indem sie spezifische Techniken und Strategien erlernen, die das Zuhören und den Alltag erleichtern. Verhaltenstraining für Eltern lehrt positive Verstärkungen, klare Struktur und konsistente Disziplin. Studien zeigen, dass solche Programme das Verhalten der Kinder signifikant verbessern und den Alltag erleichtern.

Fazit

Das tägliche Zusammenleben mit einem ADHS-Kind kann herausfordernd sein, aber mit Verständnis, klaren Strukturen und positiver Verstärkung lässt sich die Situation erheblich verbessern. Es ist wichtig, geduldig zu bleiben und das Kind in seiner Entwicklung zu unterstützen. So könnt ihr eurem Kind dabei helfe, sich effizienter zu konzentrieren und euch besser zuzuhören. 

 

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https://www.sciencedaily.com/releases/2023/10/231026222607.htm
2 https://www.additudemag.com/parental-criticism-may-worsen-adhd-symptoms/
3 Musser, E. D., Karalunas, S. L., Dieckmann, N., Peris, T. S., & Nigg, J. T. (2016). Attention-deficit/hyperactivity disorder developmental trajectories related to parental expressed emotion. Journal of abnormal psychology, 125(2), 182.
4 Barkley, R. A. (2013). Taking Charge of ADHD: The Complete Authoritative Guide for Parents.
5 Pelham WE Jr, Fabiano GA. Evidenzbasierte psychosoziale Behandlungen für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen. J Clin Kind Adolesc Psychol. 2008 Januar;37(1):184-214. Doi: 10.1080/15374410701818681. PMID: 18444058
6 DuPaul, G. J., & Stoner, G. (2014). ADHD in the Schools: Assessment and Intervention Strategies
7 https://www.mdpi.com/1660-4601/18/5/2277
8 https://www.nimh.nih.gov/health/topics/attention-deficit-hyperactivity-disorder-adhd
9 https://www.edutopia.org/article/research-tested-benefits-breaks
10 Godwin, K. E., Almeda, M. V., Seltman, H., Kai, S., Skerbetz, M. D., Baker, R. S., & Fisher, A. V. (2016). Off-task behavior in elementary school children. Learning and Instruction, 44, 128-143.
11 https://www.understood.org/en/articles/adhd-teaching-strategies
12 https://instituteofchildpsychology.com/visual-schedules-tips-and-tricks-for-supporting-a-child-with-adhd/
13 https://www.additudemag.com/mindfulness-meditation-for-adhd/
14 https://www.universityofcalifornia.edu/news/adhd-could-dogs-be-answer
15 https://www.mdpi.com/2227-9067/10/10/1613
16 https://www.cdc.gov/adhd/treatment/behavior-therapy.html?CDC_AAref_Val=https://www.cdc.gov/ncbddd/adhd/behavior-therapy.html

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