KiTA-Eingewöhnung, Einschulung, Schulwechsel - Wie begleite ich mein Kind in Übergangssituationen?
Als Sarah Marion zum Abschied drückte, schossen ihr die Tränen in die Augen. Marion war die Bezugserzieherin ihres Sohnes in der KiTa gewesen. Am Anfang mochte Sarah sie nicht, mittlerweile liebte sie sie. Sie vertraute ihr. Während Sarah der Abschied schwer fiel, stiefelte ihr Sohn Finn selbstbewusst davon: „Tschüß, Mari, ich komm dich besuchen, wenn ich ein Schulkind bin, ok?!” Finn freute sich auf die Schule, jetzt war er groß. Und Sarah fühlte sich auf einmal wieder ganz klein.
KiTa-Eingewöhnung, Schulanfang und Schulwechsel sind wichtige Meilensteine im Leben eines Kindes und können nicht nur für sie, sondern auch für die Eltern herausfordernde und emotional aufwühlende Übergangsphasen sein. In diesem Artikel erfährst du, welche psychischen Probleme in Form von Ängste und Sorgen auftreten können, wie du dein Kind bedürfnisorientiert bei diesen Übergängen unterstützen kannst und dabei auch dich im Blick behältst.
Lesezeit: 8 Min
Probleme, die beim Übergang in die KiTa oder in die Schule entstehen können
Eltern stehen oft vor der Herausforderung, eigene Gefühle und Gedanken in den Griff zu bekommen, während sie gleichzeitig ihre Kinder in einen neuen Lebensabschnitt begleiten. Die Sorgen und Ängste um die Kinder sind meist eine Mischung aus der aktuellen Situation, der Persönlichkeit des Kindes und eigener Kindheitserfahrungen, die die eigene Elternrolle maßgeblich mit beeinflussen. Natürlich können da Unsicherheiten entstehen. Wie sollte es auch anders sein?! In ihrer Rolle als Eltern erleben sie mit ihrem Kind auch alles zum ersten Mal und mit jedem Kind wieder anders. Gleichzeitig werden alte Erinnerungen (schöne und unschöne) geweckt. Da ist es völlig verständlich, dass nicht nur Kinder in diesen Übergangssituationen psychische oder körperliche Symptome zeigen können. Auch Eltern erleben oft ein hohes Maß an Stress und Belastung.
Typische Sorgen und Ängste von Eltern bei Übergängen in KiTa und Schule:
Ist die ausgewählte KiTa/ Schule die richtige?
Wie wird es meinem Kind in der KiTa/ Schule gehen?
Wie wird der Wechsel zur KiTa/ Schule verlaufen?
Wird mein Kind Freunde und Anschluß finden?
Wird mein Kind gute Erzieher:innen/ Lehrer:innen haben?
Ist mein Kind noch zu verspielt oder zu unruhig?
Ist mein Kind zu schüchtern oder zu extrovertiert?
Wird es die gleichen Erfahrungen machen wie ich?
Wie kann ich mein Kind angemessen unterstützen?
Wie gehe ich mit Gefühlen wie Angst, Wut, Druck oder Trauer bei meinem Kind um?
Die letzten Monate waren auch für Sarah nicht einfach gewesen. Ständig lag sie nachts wach, ständig gab es Auseinandersetzungen in der Familie. Sie war angespannt, hatte Sorge, die falschen Entscheidungen getroffen zu haben, stellte sich immer wieder die gleichen Fragen. Sie erinnerte sich an ihre erste Zeit in der Schule. Finn sollte nicht die gleichen Erfahrungen machen müssen wie sie. Sie konnte sich verrückt machen in ihrem Gedankenkarussel und spürte, dass es nicht nur um ihren Sohn Finn ging, sondern auch um das Kind in ihr, das reaktiviert wurde. Ein Mix aus Freude, Stolz, Sorge und Angst führte dazu, dass sie am liebsten selbst an die Hand genommen werden wollte. Sarah wollte jemand, der ihr sagte: „Alles wird gut.“
Warum Übergangssituationen gemeistert werden müssen
KiTa-Eintritt, Einschulung und Schulwechsel bringen große Veränderungen in das Leben von Eltern und ihren Kindern. Auf dem Weg zur Selbständigkeit und zum Erwachsensein stellen sie wichtige Meilensteine dar.
Diese Kompetenzen bilden sich bei einer erfolgreichen Bewältigung:
Mehr Eigenverantwortung
Ein größeres Maß Selbstorganisation
Das Erleben von Selbstwirksamkeit
Autonomie und Loslösung von den Eltern
Zuwendung zu Gleichaltrigen und der Umwelt
Stärkung von Selbstbewußtsein und Selbstwertgefühl
Die Angst vor dem Unbekannten ist tief in uns Menschen verankert und macht uns wach, auf anstehende Anforderungen und Umbrüche aufmerksam und vorsichtig zu reagieren. Natürlich haben wir Sorge, nicht bestehen zu können, gleichzeitig bieten sich Chancen, daran zu wachsen. Diese Situationen kennen wir im Kleinen wie im Großen.
Welche Symptome können in Übergangssituationen auftreten?
Unsicherheiten gehören zu Übergängen und neuen Lebensphasen dazu. Doch manchmal kommt es zu intensiveren psychischen und somatischen Anzeichen durch den zu starken Stress. Einige Kinder sind dann nicht nur vorübergehend überfordert, sondern leiden unter starken Anpassungsschwierigkeiten, sozialen Schwierigkeiten oder Trennungs- oder Schulängsten.
Dies sind häufige Symptome bei Überforderung mit neuen Situationen:
Kopf- oder Bauchweh
Trennungsvermeidung
extreme Aufmerksamkeitseinforderung
Angst
Wut- oder Aggressionsaubrüche
Rückzug
Trauer
Schlafprobleme
Es ist völlig normal, dass solche Symptome auftreten können. Meist zeigen sie sich nur vorübergehend. Sollten sie andauern oder dein Kind stark beeinträchtigen, ist es wichtig, sich schnell Hilfe zu suchen. Nicht nur bei den Kindern können diese Symptome auftreten. Auch Eltern leiden häufig unter den hohen Anforderungen. Häufig geraten sie in eine Spirale aus Anspannung, Sorge und gleichzeitigem Funktionieren, was nicht selten zu Erschöpfung bis hin zu einem Eltern-Burnout führt. Für sich selbst zu sorgen schützt dich und deine Familie und bietet gleichzeitig ein gutes Modell für dein Kind!
Was Eltern tun können: Rituale, Routinen, Glücksbringer- was jetzt hilft
Ein wichtiger Schritt ist es, sich mit der neuen Situation auseinanderzusetzen. Lerne die Institution (KiTa oder Schule), die dein Kind besuchen wird, kennen. Erfahre mehr über deren Konzepte und deren Alttag. Rede mit der Leitung über deine Sorgen und Ängste. Oft können sie dir beruhigende Informationen geben und dir zeigen, dass dein Kind gut aufgehoben ist. Gemeinsame Vorbereitungstreffen und das Kennenlernen von Erzieher:innen und Lehrer:innen können ebenfalls dazu beitragen, dich sicherer zu fühlen.
Gib deinem Kind Zeit, sich an die neue Situation anzupassen. Es kann einige Zeit dauern, bis sich dein Kind wohl fühlt. Unterstütze es, indem du zuhörst und seine Sorgen ernst nimmst. Teile auch eigene Erfahrungen aus deiner Kindheit, um ihm zu zeigen, dass es normal ist, Ängste zu haben. Übergangssituationen brauchen ein feines Gespür für die verschiedenen Bedürfnisse, die gleichzeitig entstehen. Das kann schon mal anstrengend sein und Eltern ratlos machen, wenn das Kind zwischen Autonomie- und Sicherheitsbedürfnis feststeckt.
Routinen und Stabilität zu Hause können deinem Kind helfen, zur Ruhe zu kommen. Gemeinsam Zeit zu verbringen, zeigt deinem Kind, dass du da bist und es auf deine Unterstützung zählen kann. Positive und sichere Beziehungen sind der beste Schutz in Übergangssituationen. Übergangsobjekte, wie kleine Glücksbringer oder Mutmacher können dein Kind in der neuen Situation begleiten und an seine Ressourcen und Stärken erinnern.
Was du konkret tun kannst:
Mach dich schlau: hole dir Informationen zu der neuen Situation, je nach Alter kannst du dies auch mit deinem Kind gemeinsam machen
Suche den Kontakt zu anderen Beteiligten: Der Austausch mit Leitung, Erzieher:innen, Lehrer:innen und anderen Eltern bringt oft Sicherheit
Bereite die neue Situation vor und gestalte sie positiv, aber realistisch. Sprich mit deinem Kind ganz genau über das, was passieren wird und wie man mit Schwierigkeiten umgehen kann.
Etabliere Routinen und Rituale. Auch sie geben Sicherheit und Vorhersagbarkeit.
Übe mit deinem Kind neue Abläufe und Wege. Erstelle einen Plan für das morgendliche Fertigmachen, lernt den KiTa-/Schulweg kennen.
Lass dein Kind teilhaben und mitentscheiden: vom Rucksack oder Ranzen bis hin zur Kleidung, Kinder wollen mitentscheiden! Und nichts ist schöner, als geborgen groß sein dürfen!
Lade Glücksbringer oder Mutmacher mit guten Wünschen auf und gebe sie deinem Kind mit.
Höre zu und sei da! Spielen, malen, basteln, turnen, singen, quatschen- Kinder verarbeiten auf allen Kanälen.
Sarah hat mit der Schulleitung über ihre Sorgen gesprochen. Sie übte mit Finn gemeinsam den Schulweg, lernten auf Vorbereitungstreffen die LehrerInnen kennen, suchten einen Ranzen mit passender Ausstattung aus. Im Schwimmkurs lernte er zufällig einen neuen Klassenkameraden kennen. Sarah beruhigte sich und war zuversichtlich, dass alles gut wird.
Die Einschulung war ein großes Fest, Finn war aufgeregt wie nie zuvor. Endlich Schulkind! Freunde waren schnell gefunden, alles war interessant und spannend. So viele Regeln und neue Abläufe. Auch anstrengender als KiTa. Nach ein paar Wochen schien es ihm wie Schuppen von den Augen zu fallen. Er wollte nicht mehr in die Schule: alles doof! Lehrer doof, Kinder doof und sowieso könne er nichts. Morgens Bauchweh, nachts ging auch mal wieder was ins Bett. Hatte er Schulangst? Sarahs Sorgen wurden reaktiviert.
Ein Gespräch mit der Lehrerin brachte Zuversicht: „Trauen Sie Ihrem Sohn das zu. Er schafft das!” (Eigentlich hätte sie auch sagen können: „Trauen Sie sich das zu!”) Sie besprachen, was sie tun könnten. Sarah fiel ein, dass Finn auch schon in der KiTa einige Wochen nach der Eingewöhnung erstmal nicht mehr hin wollte. Er brauchte einfach Zeit, sich anzupassen.
In den nächsten Tagen nahm Sarah sich Zeit, sich nach dem Abholen von Finn in der Schule alles zeigen zu lassen. Finn war stolz. Zuhause sorgte Sarah für Stabilität und Routinen, damit Finn zur Ruhe kommt und seine Ressourcen stärken konnte. Wochenlang wurde jeden Abend das gleiche Brettspiel gespielt.
Die Schulwege nutzte Sarah, um Finn erzählen zu lassen. Zuhören. Nachfragen. Und manchmal erzählte sie ihm dann auch aus ihrer Schulzeit. Er liebte das. Sie besprachen Erwartungen und Befürchtungen. Als es darum ging, den Schulweg allein zu meistern, sagte Finn: „Mama, ich schaffe das! Schaffst du das auch oder machst du dir dann Sorgen?” Sarah sagte, dass sie noch ein paar Mal üben müsste, aber dann wäre sie auch soweit.
Fazit: Übung macht den Meister- wie wir an unseren Herausforderugen wachsen
Der Übergang in die KiTA, zur Schule oder ein Schulwechsel kann eine aufregende, aber auch herausfordernde Zeit sein. Mit der richtigen Begleitung und einer positiven Einstellung kannst du dein Kind dabei unterstützen, diese Übergänge erfolgreich zu meistern. Denk daran, dass jedes Kind seinen eigenen Weg geht und dass die Eltern eine wichtige Rolle dabei spielen, es zu stärken und zu begleiten. Stabilität, Sicherheit und positive Beziehungen stellen echte Ressourcen dar. Eine erfolgreiche Bewältigung solcher Übergangssituationen stärkt das eigene Kompetenzerleben und das Selbstbewusstsein und macht stark für kommende Herausforderungen im Leben.
Wenn du beobachtest, dass dein Kind etwas mehr als die elterliche Begleitung braucht, lasst euch von Expert:innen beraten! Mit der passenden Hilfe können individuelle und für euch passende Lösungen gefunden werden. Und wenn du selbst Unterstützung brauchst, geh mit gutem Beispiel voran und lass dir helfen. Auch das ist eine wertvolle Lernerfahrung für dein Kind!
Finn geht nach den Sommerferien in die weiterführende Schule. Er ist traurig: sein bester Freund wird in eine andere Schule gehen. Er ist dann ohne ihn. Sarah macht sich Sorgen, möchte nicht, dass er leidet.
Sicher wird es nicht einfach, aber mittlerweile wurden schon andere Krisenzeiten bewältigt und durch die KiTa und die jetzige Schule hat Finn bereits Erfahrungen gesammelt, er wird seinen Weg machen, da ist Sarah sich sicher.
Als psychologische Mentorinnen stehen wir dir über unsere App AllyTime auch persönlich zur Seite.