Mama ist die beste – oder? Was tun, wenn die Mutter-Tochter-Beziehung toxisch ist
✔ fachlich geprüft von Riccardo Frink
Die Liebe einer Mutter gilt als besonders: warmherzig, fürsorglich und bedingungslos. Doch was, wenn deine Mutter distanziert ist, Forderungen stellt und dich ständig kritisiert? Hast du das Gefühl, deiner Mutter alles recht machen zu wollen, doch es ist nie genug? Eine dysfunktionale Beziehung zur eigenen Mutter kann viele Formen annehmen. Eines haben alle gemeinsam: Sie sind kräftezehrend, frustrierend und das Gegenteil einer liebevollen und unterstützenden Verbindung.
In diesem Artikel erklären wir den Begriff „toxisch“ und erläutern, weshalb die Beziehung zu unseren Müttern häufig so schwierig sein kann. Du erfährst, wo die Probleme in der Mutter-Tochter-Beziehung begründet liegen und wie du mit deiner Mutter eine bessere und innigere Beziehung aufbauen kannst.
Lesezeit 10 min
Was bedeutet "toxisch"?
Im Alltag wird der Begriff "toxisch" oft verwendet, um schwierige oder schädliche Verhaltensweisen zu beschreiben. Wenn wir von einer "toxischen Beziehung" sprechen, meinen wir eine Beziehung, die uns emotional oder mental belastet. Doch gibt es wirklich "toxische" Menschen?
Hinter dem Begriff „toxisch“ verbirgt sich ein bestimmtes Verhalten, das durch individuelle Herausforderungen geprägt ist. Jeder von uns kann aufgrund von persönlichen Erfahrungen oder schwierigen Lebenssituationen dysfunktionale Denk- und Verhaltensmuster entwickeln. Diese Muster können zu ungesunden Dynamiken in Beziehungen führen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht die Menschen selbst toxisch sind, sondern ihre Verhaltensweisen und Kommunikationsmuster, die problematisch sein können. Diese Muster entstehen beispielsweise aus eigenen Unsicherheiten, Ängsten oder ungelösten Konflikten.
Das Wort „toxisch“ wird heutzutage so häufig benutzt, dass es zum Wort des Jahres 2018 gekürt wurde. Auf Instagram hat der #toxicrelationships 1,5 Millionen Beiträge und der #toxic sogar 2,6 Millionen. Der Begriff wird inflationär verwendet, was die Bedeutung dahinter schwammig und wässrig werden lässt. Besser wäre es, von einer dysfunktionalen Beziehung zu sprechen.
Ist die Beziehung zu meiner Mutter dysfunktional? – Mach den Test
Anzeichen dafür, dass du eine dysfunktionale oder toxische Beziehung zu deiner Mutter hast, kannst du an folgenden Punkten testen:
Ungleichgewicht im Geben und Nehmen: Du gibst mehr, als du bekommst, was dich abgewertet und erschöpft fühlen lässt.
Mangelnder Respekt: Deine Bedürfnisse und Grenzen werden oft nicht respektiert oder erfüllt.
Selbstwertgefühl leidet: Dein Selbstwertgefühl nimmt im Laufe der Zeit Schaden. Deine Ressourcen sind erschöpft.
Fehlende Unterstützung: Du fühlst dich nicht unterstützt, gesehen, missverstanden, erniedrigt oder angegriffen.
Negative Emotionen: Du fühlst dich depressiv, wütend oder müde, nachdem du mit deiner Mutter gesprochen oder Zeit mit ihr verbracht hast.
Schlechteste Seiten kommen hervor: Ihr bringt das Schlimmste im anderen hervor, z. B. durch ungesunden Wettbewerb, Rachsucht, Wunsch nach Vergeltung.
Veränderung des eigenen Verhaltens: Du bist nicht dein bestes Selbst in der Nähe deiner Mutter, z.B. fehlt es dir an Gutmütigkeit. Ihr lästert oder wertet andere (Familienmitglieder) ab, um Verbindung aufzubauen.
Ständige Anspannung: Du hast das Gefühl, auf Eierschalen zu laufen, wenn du Kontakt mit deiner Mutter hast.
Emotionale Erschöpfung: Du verbringst viel Zeit und Kraft damit, deine Mutter aufzumuntern. Sie ist depressiv und hat ständig Probleme, um die du dich kümmern musst. Du bist ausgebrannt und entwickelst psychosomatische Symptome.
Schuldzuweisungen: Deine Mutter dreht die Dinge so, dass du immer die Schuld trägst. Deine Mutter gaslightet dich (verdreht die Wahrheit / manipuliert). Oder du zeigst ein ähnliches Verhalten gegenüber deiner Mutter.
Anstatt von toxischem Verhalten zu sprechen, ist es zielführender, über konkrete Verhaltensweisen und Probleme zu sprechen und dabei den Begriff „dysfunktional“ zu verwenden. Indem wir diese nicht funktionierenden Muster erkennen und ansprechen, können wir gezielt daran arbeiten, unsere Beziehungen zu verbessern und gesündere Verhaltensweisen zu entwickeln.
Was bedeutet dysfunktional?
Der Begriff "dysfunktional" beschreibt etwas, das nicht richtig funktioniert oder nicht so arbeitet, wie es sollte. In Bezug auf Beziehungen und Verhaltensmuster bedeutet dysfunktional, dass bestimmte Verhaltensweisen oder Kommunikationsmethoden nicht gesund oder hilfreich sind und zu Problemen führen können.
Wenn etwas dysfunktional ist, dann:
Arbeitet es nicht effektiv: Die Art und Weise, wie wir kommunizieren oder handeln, führt nicht zu positiven Ergebnissen.
Verursacht es Konflikte: Dysfunktionale Muster können Spannungen und Missverständnisse erzeugen.
Hindert es das Wachstum: Diese Verhaltensweisen verhindern, dass Beziehungen sich auf gesunde Weise entwickeln.
Zum Beispiel kann es in einer Mutter-Tochter-Beziehung dysfunktional sein, wenn deine Mama dich ständig kritisiert oder versucht dein Leben zu kontrollieren. Oder du sie für vieles verantwortlich machst und die Schuld und Verantwortung für Herausforderungen in deinem Leben nur bei ihr suchst. Solche Verhaltensweisen können das Vertrauen und die Harmonie zwischen dir und deiner Mutter brüchig werden lassen.
„Hurt People hurt People“– Teufelskreis: Das Sprichwort “hurt people hurt people” bedeutet, dass verletzte Menschen oft andere verletzen. Das kann auch in der Beziehung zwischen Mutter und Tochter passieren. Wenn einer von euch aufgrund eigener Schmerzen oder ungelöster Probleme leidet, kann es passieren, dass ihr unbewusst die andere Person dafür verantwortlich macht und verletzt. Dies kann zu einem Teufelskreis von negativen Reaktionen und Missverständnissen führen.
Besonderheiten der Mutter-Tochter-Beziehung
Die Mutter-Tochter-Beziehung ist oft von besonderer Abhängigkeit geprägt, vor allem im Kindes- und Jugendalter. In dieser Zeit übernimmt die Tochter viele Verhaltensmuster von der Mutter, was sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann. Oft werden Traumata und familiäre Themen unbewusst von einer Generation zur nächsten weitergegeben.
Diese enge Bindung kann zu tiefen emotionalen Verstrickungen führen, die es schwer machen, gesunde Grenzen zu setzen und eigene Identitäten zu entwickeln. Ein bewusster Umgang mit diesen Dynamiken und das Erkennen von übernommenen Mustern sind entscheidend, um eine gesunde und unabhängige Beziehung zu fördern.
Die Beziehung zu meiner Mutter ist toxisch – was kann ich tun?
Erst einmal ist es wichtig, die dysfunktionalen Muster in eurer Beziehung zu erkennen und euch das einzugestehen. Das kann durch Selbstreflexion, Gespräche und/oder professionelle Unterstützung geschehen. Eine Psychotherapie, eine Familientherapie, eine Familienaufstellung – es gibt viele psychotherapeutische Wege, die dysfunktionalen Dynamiken herauszuarbeiten, zu betrachten und die Heilung eurer Verbindung anzugehen.
Unsere Psychologinnen stehen dir über unsere App AllyTime persönlich zur Seite. Ziel ist es, gesündere und unterstützende Kommunikations- und Verhaltensweisen zu entwickeln. Indem du dysfunktionale Verhaltensweisen verstehen lernst und daran arbeitest, kannst du die Beziehung zu deiner Mutter verbessern. Wir haben einige Punkte zusammengestellt, die dabei helfen können, eure dysfunktionale Beziehung zu verändern:
Bereitschaft zur Veränderung
Nur wenn ihr beide bereit seid an den dysfunktionalen Dynamiken in eurer Beziehung zu arbeiten, kann der Teufelskreis durchbrochen werden. Wenn dein Leidensdruck sehr hoch ist und deine Mutter nicht bereit ist, an eurer Beziehung zu arbeiten, bleibt vielleicht nur ein Kontaktabbruch.
Sprecht offen miteinander
Um diese Muster zu durchbrechen, ist Kommunikation der Schlüssel. Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang miteinander sind essenziell. Nur wenn beide bereit sind, ehrlich über ihre Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen, kann sich etwas ändern.
Arbeitet an euch selbst
Es ist auch wichtig, dass du bereit bist, an dir selbst und deinen eigenen Themen zu arbeiten. Oft tragen beide Seiten zur Dynamik in einer Beziehung bei. Wenn du deine eigenen Verhaltensweisen und Reaktionen hinterfragst und verstehst, kannst du beginnen, Veränderungen vorzunehmen.
Gewaltfreie Kommunikation und Bedürfnisse aussprechen
Ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Mutter-Tochter-Beziehung ist die gewaltfreie Kommunikation. Sprecht miteinander, ohne euch zu verletzen oder anzugreifen, und drückt eure Bedürfnisse und Grenzen klar und respektvoll aus. Kennt und teilt eure Bedürfnisse und Grenzen, sprecht offen darüber, was euch wichtig ist, und vermeidet Missverständnisse. Hört aktiv zu. Dies zeigt, dass ihr die Gefühle und Bedürfnisse des anderen respektiert.
Neutraler Raum für Gespräche
Führt eure Gespräche in einem neutralen und passenden Raum. Ein ruhiger, ungestörter Ort kann helfen, dass beide Seiten sich wohlfühlen und offen sprechen können. Dies kann zu produktiveren und weniger konfrontativen Gesprächen führen.
Konstruktives Feedback
Gebt euch gegenseitig hilfreiche Rückmeldungen. Statt Vorwürfe zu machen, könnt ihr eure Beobachtungen und Gefühle teilen und dabei Vorschläge machen, wie bestimmte Situationen in Zukunft besser gehandhabt werden können. Ziel ist es, Lösungen zu finden und nicht Schuld zuzuweisen.
Respekt vor den Bedürfnissen des anderen
Respektiert die Bedürfnisse des anderen. Jeder hat das Recht, seine eigenen Wünsche und Grenzen zu haben. Wenn ihr die Bedürfnisse des anderen anerkennt und respektiert, schafft ihr eine Grundlage für gegenseitiges Vertrauen und Verständnis.
Gemeinsame Interessen entdecken
Gemeinsame Interessen (wieder) zu entdecken kann eure Beziehung stärken. Unternehmt Aktivitäten, die euch beiden Freude bereiten und verbringt Zeit miteinander. Das hilft, positive Erfahrungen und Erinnerungen zu schaffen, die eure Bindung festigen
Fazit
Eine dysfunktionale Mutter-Tochter-Beziehung kann emotional sehr belastend und frustrierend sein. Um eure Verbindung zu verbessern, ist es wichtig, eure dysfunktionalen Muster zu erkennen und offen darüber zu sprechen. Ein neutraler, ruhiger Raum für Gespräche und gewaltfreie Kommunikation ist hier entscheidend. Respekt für die Bedürfnisse des anderen und gemeinsame Interessen fördern eine positive Dynamik. Veränderung erfordert die Bereitschaft beider Seiten und kontinuierliche Arbeit an sich selbst und der Beziehung.
Als psychologische Mentorinnen stehen wir dir über unsere App AllyTime auch persönlich zur Seite.