Schulangst in der Pubertät und wie Eltern Brücken bauen können: „Ich geh´da nicht hin!”

Die Pubertät ist eine Zeit großer Veränderungen und Herausforderungen, nicht nur für Jugendliche, sondern auch für ihre Eltern. In der Pubertät entwickeln Jugendliche eine eigenständige Identität, lösen sich von den Eltern und suchen ihren Platz in der Gesellschaft. Dabei stellt die Schule einen zentralen Ort dar, denn sie bietet einen Rahmen, in dem Jugendliche soziale Kompetenzen und Unabhängigkeit entwickeln, sich mit Leistungsanforderungen auseinandersetzen und eigene Interessen sowie berufliche Orientierungen entdecken.

Was aber, wenn dieser Ort mit großen Ängsten behaftet ist? Wenn Jugendliche nur mit Unbehagen zur Schule gehen oder gar zu Schulschwänzern werden, weil sie Angst vor dem Besuch der Schule haben, kann dies verschiedene Ursachen haben. Oft steht eine soziale Angst oder eine Prüfungsangst dahinter. Aber auch Mobbing oder andere Sorgen können Grund für Schulängste sein. Dieser Artikel soll Eltern helfen, Schulangst bei pubertierenden Kindern zu erkennen, deren Ursachen zu verstehen und effektiv darauf zu reagieren.


Lesezeit: 20 Min


Schulangst bei Jugendlichen - die Hürden der Pubertät

Gedanken an oder die Anwesenheit in der Schule kann Ängste auslösen. Kinder und Jugendliche können betroffen sein. Was aber sind die Besonderheiten bei Jugendlichen in der Pubertät mit Schulangst?

Durch die ohnehin schon herausfordernde Entwicklungsphase der Pubertät, die mit großen körperlichen, emotionalen und sozialen Veränderungen einhergeht, stehen Jugendliche vor besonderen Herausforderungen, wenn es um das Thema Schule geht. Es sind unterschiedlichste Faktoren, die den Schulbesuch in der Pubertät noch einmal herausfordernder machen:

  1. Identitätsbildung: Die Pubertät ist eine Lebensphase, in der die eigene Identität und der Platz in der Gesellschaft gesucht werden. Unter anderem stellt die Schule den Ort dar, wo Jugendliche erkennen und lernen, wie sie sich selbst sehen, aber auch, wie sie von anderen gesehen werden und wie sie sich in verschiedenen sozialen Situationen verhalten. Sie entdecken also ihre sozialen Rollen. Selbstzweifel und Unsicherheiten gehören zu diesem Prozess, was eine Schulangst begünstigen oder verstärken kann.

  2. Soziale Empfindsamkeit: Die Meinung der Gleichaltrigen zählt für Jugendliche oft mehr, als die der Eltern oder anderen Erwachsenen. Das ist auch normal und gehört so. Allerdings sind Jugendliche somit auch mehr als jemals zuvor der Beurteilung der Mitschüler ausgesetzt. Die Angst vor Mobbing, Ausgrenzung, Ablehnung oder Bloßstellung kann eine Schulangst verursachen.

  3. Leistungsdruck: In den höheren Klassenstufen steigt der Leistungsdruck signifikant an, da Noten immer entscheidender für den Abschluss und somit für die Zukunft sind. Diesem Druck stand halten zu müssen und die Angst, zu versagen oder den Erwartungen nicht gerecht zu werden, kann bei Jugendlichen zu verstärkter Schulangst führen.

  4. Autonomiebedürfnis: In der Pubertät werden Regeln und Normen in Frage gestellt, somit können auch Schulregeln und -strukturen als unsinnig und einschränkend empfunden werden. Konflikte bleiben da nicht aus, die wiederum eine Schulangst und das Vermeiden von Schule befeuern können.

  5. Körperliche Veränderungen: Körperliche Veränderungen, die die Pubertät mit sich bringt, können das Wohlbefinden und das Selbstbewusstsein von Jugendlichen beeinflussen. Sorgen über das eigene Aussehen oder die Angst vor peinlichen Situationen (wie z.B. beim Sportunterricht) können Schulangst begünstigen.

  6. Emotionale Instabilität: Oft spielen die Hormone in der Pubertät verrückt. Hohe emotionale Sensibilität und Stimmungsschwankungen bleiben da nicht aus. Jugendliche haben es oft nicht einfach mit sich selbst, was die Bewältigung einer Schulangst zusätzlich erschweren und begünstigen kann.

  7. Einfluss von sozialen Medien: Soziale Medien sind enorm wichtig in der Pubertät und werden stark von Jugendlichen genutzt. Es findet eine ständige Konfrontation mit angeblichen Erfolgen und scheinbar perfekten Leben anderer statt. Selbst wenn diese vorgespielte Illusion den Jugendlichen klar ist, bleibt ein unbewusster Vergleich und FoMo nicht aus. Dies kann Selbstzweifel und soziale Ängste schüren, und somit Schulangst fördern.

Alarmzeichen erkennen: So zeigen Jugendliche Schulangst

Pubertierende Kinder grenzen sich von ihren Eltern ab und suchen sich neue und eigene Möglichkeiten, um mit ihren Gefühlen und Gedanken Raum zurecht zu kommen.

Es findet eine natürliche Distanzierung von den Eltern statt, die es diesen aber auch oft schwerer macht, Einblicke in das Befinden ihrer Kinder zu gewinnen. Dies kann zum Problem werden, wenn Jugendliche mit ihren Herausforderungen nicht allein zurecht kommen, keine Gleichaltrigen haben, mit denen sie ihre Sorgen teilen können oder in eher destruktive Strukturen geraten.

Wenn sich die Jugendlichen dann noch stark von den Eltern distanzieren, sind psychische Belastungen, wie z.B. Schulangst nicht immer einfach zu erkennen. Eltern müssen dann nicht nur offensichtliche, sondern auch subtile Anzeichen ernst nehmen. Diese Anzeichen zu kennen, ermöglicht Eltern, frühzeitig Hilfe und Unterstützung für sich und ihr Kind zu etablieren.

Eltern sollten auf folgende Anzeichen für Schulangst bei ihren jugendlichen Kindern achten:

  • Wiederholtes Schulschwänzen, Vermeidung bestimmter Fächer (z.B. Sport oder Musik)

  • Vermeidung schulischer Aktivitäten und Ausflüge

  • Wenig oder keine mündliche Beteiligung im Unterricht

  • Pausen werden allein verbracht, keine gemeinsamen Mahlzeiten mit Mitschülern

  • Körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen, besonders an Schultagen oder an Sonntagabenden

  • Ausdrücke von Sorgen oder Ängsten bezüglich schulischer Leistungen oder sozialen Interaktionen

  • Rückzug von Freunden oder sozialen Aktivitäten

  • Veränderungen im Schlaf- oder Essverhalten

  • Übermäßiger Medienkonsum

  • Drogen- oder Alkoholkonsum

Vielschichtige Ursachen von Schulangst bei Jugendlichen in der Pubertät

Ursachen und Auslöser von schulbezogener Angst können vielfältig sein. Zu den häufigsten gehört Mobbing durch Mitschüler. Wenn Jugendliche ständiger Belästigung, Demütigung oder Ausgrenzung ausgesetzt sind, kann dies zu Angstzuständen, Depressionen und einem verringerten Selbstwertgefühl führen. Negative Erfahrungen mit Lehrkräften oder eine ungerechte Behandlung im Schulkontext können ebenfalls Schulangst auslösen. Hierzu zählen zum Beispiel sehr strenges oder unfaires Verhalten von Lehrkräften. Aber auch eine fehlende Unterstützung im Schulalltag kann dazu führen, dass sich Jugendliche ängstlich zurückziehen.

Neben konkreten und direkt nachvollziehbaren Faktoren liegen manche Gründe nicht direkt auf der Hand oder können nur schwer identifiziert werden, häufig nicht einmal vom Jugendlichen selbst. Es ist dann einfach „ein unangenehmes Gefühl“, eine große Aversion dem Schulbesuch gegenüber oder ein schleichender Prozess, in dem die Angst sich mehr und mehr aufbaut und Jugendliche mehr und mehr den Schulbesuch oder damit verbundene Aktivitäten vermeiden. Oft sind Scham und ein großes Druckgefühl, es allein schaffen zu müssen, für Jugendliche Hindernisse, sich jemanden anzuvertrauen. So kann beispielsweise ein hoher Leistungs- und Erwartungsdruck zu einer massiven Angst vor Überforderung und Versagen führen. Oft handelt es sich dabei gar nicht um explizit ausgesprochene Erwartungen, zum Beispiel durch die Eltern, die Lehrkräfte oder den Jugendlichen selbst, sondern um unbewusste und unausgesprochene Ansprüche, die aber für Jugendliche dennoch spürbar sind und so zu einer großen Belastung führen können.

Die ständige Präsenz und der Vergleich in sozialen Medien können ebenfalls zu erhöhten Angstzuständen führen, indem sie Druck hinsichtlich Erfolg, das Gefühl der Unzulänglichkeit und die Angst vor Versagen verstärken. Des Weiteren sind häufig eher schüchterne und introvertierte Jugendliche von Schulangst betroffen, gerade wenn als Ursache die Angst vor sozialer Bewertung oder Ablehnung im Vordergrund steht. Jugendliche kreisen dann mit ständiger Sorge um soziale Situationen, befürchten unangenehm aufzufallen, etwas Peinliches zu tun oder sich lächerlich zu machen. Oft geht dies einher mit Angst vor Erröten, zu schwitzen oder etwas vor anderen zu essen. Die kritische Eigenwahrnehmung steht dann im Vordergrund und macht jeden Schultag zum absoluten Stresstag.

Vom Zuhören bis zum Handeln: Wie Eltern helfen können

Eltern fühlen sich oft ohnmächtig und hilflos. Sie möchten ihrem Kind helfen, werden aufgrund der Pubertät aber häufig nicht als Hilfsperson vom Kind angenommen. Dennoch brauchen Jugendliche ihre Eltern, um aus dem Angstkreislauf auszusteigen und neue Wege zu gehen.

Eltern können auf verschiedene Weise Unterstützung bieten:

  • Bietet ein stabiles, unterstützendes Zuhause! Auch wenn euer Kind schon so groß ist, in turbulenten Zeiten fühlt man sich wieder ganz klein und braucht eine tröstende und liebevolle Umgebung

  • Ermutigt euer Kind immer wieder, über Gefühle und Ängste zu sprechen, ohne es zu beurteilen oder zu kritisieren.

  • Seid ein gutes Vorbild und sprecht über das, was euch bewegt und zeigt, dass Hilfe annehmen okay ist.

  • Es geht in erster Linie darum, aktiv zuzuhören und einfühlsam auf Gesagtes zu reagieren. Haltet euch mit zu schnellen Lösungs- und Hilfsangeboten zurück. Wartet damit aber auch nicht zu lang.

  • Professionelle Helfer und Programme können euren jugendlichen Kindern helfen, ihre Angst zu verstehen und Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Wartet nicht zu lange mit der Suche nach diesen, gerade wenn ihr merkt, dass euer Kind sich euch gegenüber schwer öffnen kann.

  • Sprecht die Schule an und bezieht Lehrkräfte mit ein. Oft wollen Jugendliche dies zunächst nicht, empfinden es dann aber als eine große Erleichterung. Bezieht euer Kind stets mit ein!

  • Nehmt selbst Hilfe in Anspruch. Redet mit anderen Eltern, Freunden und Profis!

Schlussfolgerung: Eltern als Stütze im Umgang mit Schulangst bei Jugendlichen in der Pubertät

Schulangst ist eine ernste Herausforderung. Es ist normal, dass Eltern sich überfordert oder hilflos fühlen, wenn Eltern sehen, dass ihr Kind unter Schulangst leidet.

Wichtig ist, dass sich nicht auch die Eltern isolieren und mit dem Problem allein bleiben. Sich selbst Unterstützung zu suchen, sei es durch Gespräche mit anderen Eltern, professionelle Beratung oder Informationsressourcen, ist ein guter Schritt in die richtige Richtung und zeigt dem Jugendlichen, dass man mit seinen Sorgen nicht allein bleiben muss. Ausserdem ist es wichtig, im eigenen Gleichgewicht zu bleiben, um auch für sein Kind die beste Unterstützung zu bieten. Durch aktives Zuhören, Förderung einer offener Kommunikation und die Suche nach professioneller Hilfe kann Schulangst begegnet und bewältigt werden.


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Homeschooling bei Schulangst: Eine gute Idee?